© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  02/15 / 02. Januar 2015

Eurokrise, Einwanderung, Sozialstaat
Die Probleme kommen auf den Tisch
Dieter Stein

Politik, Medien und Öffentlichkeit sind im vergangenen Jahr 2014 in bemerkenswerte Bewegung geraten. Die Erschütterungen, die zum Phänomen der „Wutbürger“ führten, die nicht nur politisch-korrekt gegen Bahnhöfe, sondern auch gegen Euro-Rettung und fehlgeleitete Einwanderungspolitik auf die Straßen gehen, reichen weiter zurück.

Da ist diese Szene, als der damalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück und Bundeskanzlerin Angela Merkel am 5. Oktober 2008 vor die Presse treten, um nach dem Zusammenbruch der amerikanischen Bank Lehman Brothers zu erklären, die Spareinlagen der Deutschen seien sicher. Es gab keinen „Bank-Run“, doch im Untergrund baut sich bei jedem von uns seitdem die dunkle Ahnung auf, daß die dicke Rechnung für die Rettung „systemrelevanter“ Pleitebanken, schließlich von Pleite-Staaten in der Eurozone noch kommen wird.

Es sind in den letzten Jahrzehnten einfach zu viele ungedeckte Schecks ausgestellt worden. Einer dieser ungedeckten Schecks ist das Euro-Experiment, das größenwahnsinnig zu einer Frage von „Krieg oder Frieden“ (Helmut Kohl) stilisiert wurde. Denn nun stellt sich in homöopathischen Dosen heraus, daß die Spareinlagen eben nur bedingt sicher sind. Sie werden statt dessen erst einmal nicht mehr verzinst, inzwischen droht sogar die Enteignung – auf Samtpfoten durch Negativzinsen.

Ein anderer ungedeckter Scheck ist die Einwanderungspolitik, die in Deutschland seit Jahrzehnten mit Begriffen betrieben wird, die evidente Probleme verschleiern sollen. Über die Folgen einer anhaltenden, zu erheblichen Teilen unkontrollierten Zuwanderung wurde nie ehrlich debattiert.

All das nehmen wir ins neue Jahr. Glücklicherweise wurde die Schweigespirale an vielen Stellen durchbrochen. Immer mehr Bürger finden den Mut, ihre Meinung nicht nur in den eigenen vier Wänden, sondern auch auf der Straße, den Marktplätzen, den Foren der Demokratie zu äußern und sie damit zu einer res publica zu machen.

Ein weiterer ungedeckter Scheck ist das Sozialsystem, durch Zuwanderung aktuell zusätzlich belastet, das wir in der aktuellen Ausgabe besonders beleuchten. Der Sozialrichter Jürgen Borchert spricht im JF-Interview von einem „Gesamtversagen des politischen Systems“, wenn er feststellt, daß im Kern normale Familien Packesel des Sozialstaates sind, die die Lasten einer riesigen Fehlsteuerung zu tragen haben.

2015 kann zum Jahr einer neuen politischen Debattenkultur werden. Die Probleme kommen endlich ungeschminkt auf den Tisch. Die Drohinstrumente des „Tugendterrors“ (Sarrazin) schrecken nicht mehr. Es müssen endlich alle Seiten gehört werden. Es ist Schluß mit dem Gerede von der Alternativlosigkeit politischer Entscheidungen. Ein naiver Traum? Hoffentlich nicht.

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