© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  02/15 / 02. Januar 2015

Zeitschriftenkritik: Tumult
Nur radikale Kritik ist angebracht
Werner Olles

Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer“, wußte Francisco Goya, der die Massaker und Greueltaten im antinapoleonischen Freiheitskampf Spaniens erlebt hatte. Tatsächlich ist seit Horkheimers und Adornos „Dialektik der Aufklärung“ mehr als nur eine Ahnung möglich, daß Vernichtungswahn und Gewaltexzesse Hervorbringungen der Moderne sind, die Kehrseite der Aufklärung gewissermaßen. Doch sind diese Erkenntnisse im Zeitalter der westlichen Werte von Demokratie und Gleichheit volkspädagogisch unerwünscht und verschüttet unter einem Haufen von Lügen, der sich dank der medialen Übergeschnapptheit und des politischen Stumpfsinns in der Gesellschaft gebildet hat. Entscheidend ist, daß gegenüber dieser Tendenz radikale Kritik und nichts als Kritik angebracht ist.

Genau dies leistet Tumult, die von Frank Böckelmann und Walter Seitter herausgegebene „Vierteljahresschrift für Konsensstörung“. Im Editorial zur fünften Ausgabe (Winter 2014/15) heißt es: „Man entscheidet sich nicht für den Status des Besiegten, Ausgeschlossenen oder Randständigen (…) So haben auch wir selbst uns nicht dazu entschlossen, den stillschweigend herrschenden Konsens zu stören. Wir können nicht anders.“

Der Berliner Historiker Ernst Nolte beschreibt in seinem Essay „Der Islam: So! oder So?“ den Koran als „heiliges Buch“, das „voll ist von Aufrufen zum Vernichtungskampf gegen die Ungläubigen“. Mit der iranischen Revolution Khomeinis habe sich eine neue Art des Totalitarismus und Fanatismus“ etabliert, doch erst die Einwanderung von Millionen Moslems, die ohne die Ideologie der „guten Menschen“ nicht möglich gewesen wäre, schuf den Boden für die Ausbreitung einer bis gestern noch als antiquiert geltenden Ideologie, deren „Ferne von der europäischen Kultur“ nicht nur zahlreiche Konvertiten fasziniert.

Im Anschluß fragt der Politikwissenschaftler Werner Ruf „Was für ein Staat ist der Islamische Staat?“ und weist darauf hin, daß der Westen über drei Jahre dem Wüten dieser Bande in Syrien seelenruhig zugesehen hat, es ging ja gegen den „bösen“ Assad. Im übrigen könnte man durch Sanktionen, die gegen Rußland sehr schnell verhängt wurden, die Finanzquellen des IS, die über türkische Mittelsmänner das Öl aus den okkupierten Raffinerien im Irak und in Syrien vermarkten, nahezu austrocknen. Doch fehle dazu der politische Wille. Von einer Bekämpfung der „Wurzeln des Terrorismus“ zu schwadronieren, sei pure Heuchelei.

Weitere Beiträge der knapp hundertseitigen Zeitschrift befassen sich unter anderem mit den bisher unveröffentlichten Aufzeichnungen von Carl Schmitt aus den Jahren 1947 bis 1958, der Kritik Herfried Münklers an den geopolitischen Defiziten deutscher und europäischer Politik, der Tyrannei des Geldes (Manfred Hulverscheidt) und einer „Kritischen Theorie des Massakers“ (Gabriel Ramin Schor).

Kontakt: Frank Böckelmann, Nürnberger Str. 32, 01187 Dresden. Das Einzelheft kostet 8 Euro, das Jahresabo 32 Euro. www.tumult-magazine.net

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