© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  03/15 / 09. Januar 2015

Amateure entlarven Unehrlichkeit der Medien
NSU-Berichterstattung: Um die Wahrheitsliebe der deutschen Leitmedien ist es laut einer Studie nicht zum besten bestellt
Ronald Gläser

Uwe Böhnhardt kauert auf dem Boden. Uwe Mundlos setzt ihm die Schußwaffe an den Kopf. Er drückt ab. Peng. Der Bankräuber sackt zusammen. Sein Komplize Mundlos zündet daraufhin das Wohnmobil an und schießt sich dann selbst in den Kopf.

So wird die Geschichte vom Ende des mörderischen NSU-Trios 2011 immer wieder geschildert, aber sie hat einen Haken: Sie stimmt so nicht. Denn – und das ist seit dem Frühjahr 2014 der Öffentlichkeit bekannt – auch bei Mundlos‘ Leiche wurden keine Rußpartikel in der Lunge gefunden.

Damit entpuppt sich die These vom Doppelselbstmord der beiden Uwes als hinfällig, die BKA-Chef Jörg Ziercke ab November 2011 wahrheitswidrig verbreitet hat. Sie war jedoch eine der wichtigsten Grundlagen für die Vorverurteilung, die diesen Terrorprozeß begleitet.

Ein Autor namens Andreas Müller (offensichtlich ein Pseudonym) hat diesen Vorgang zum Anlaß genommen, die Berichterstattung der deutschen Leitmedien zu analysieren. Müllers 42seitige Studie, die im Netz große Verbreitung findet, kommt zu überraschenden Einzelergebnissen. Anhand von zwölf Kriterien bewertet er regionale und überregionale Zeitungen und Zeitschriften mit Schulnoten. Die beste Note im Fach Nachrichtenehrlichkeit erhält demnach die Thüringer Allgemeine (2+), die Müller ein „positives Beispiel für sachliche bis neutrale Berichterstattung“ nennt. Auch die FAZ und das Hamburger Abendblatt schneiden noch befriedigend ab.

Die restliche Speerspitze der Printmedien habe die Tragweite des Skandals jedoch ignoriert bis vertuscht. Von Bild (4) über Spiegel Online (5-6) bis hin zur Zeit (6) überwiege die Tendenz, den Bürger „schamlos zu belügen“. Fazit: Es sei zu befürchten, daß die genannten Medien auch über weitere Aspekte des Prozesses die Unwahrheit verbreiteten.

Ruß in den Augen der Redakteure. Ein Dossier zur Nachrichtenehrlichkeit der deutschen Presse 2011 bis 2014 von Andreas Müller

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