© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  03/15 / 09. Januar 2015

Die ungeliebten Genossen
Gründung und Sterben der SDP in der DDR
Friedrich-Wilhelm Schlomann

Am 7. Oktober 1989 gründeten im Gemeindehaus von Schwante 46 Personen die Sozialdemokratische Partei der DDR (SDP) und attackierten damit den Machtanspruche der SED. Peter Gohles Buch schildert detailliert den schweren Weg der sozialdemokratischen Partei in der DDR bis zur Vereinigung mit der westdeutschen SPD.

Ziel der Neugründung war eine ökologisch-soziale Utopie in einer erneuerten DDR. Sie sahen sich nicht als ostdeutsches Pendant zur West-SPD. Das Motiv hierfür verschweigt das Buch, nach Äußerungen des Gründers Martin Gutzeit waren es gerade deren Appeasement-Kontakte zur SED oder das Urteil einflußreicher Bonner Genossen über die Demonstrationen in der DDR als eine „Gefahr für den Frieden“. Dabei war die deutsche Frage für die SDP weniger wichtig, offen forderte sie die Anerkennung der Zweistaatlichkeit Deutschlands. Auf den Fall der Mauer war die junge Partei nicht vorbereitet, sah im Gegensatz zur West-SPD aber schnell, daß die deutsche Einheit nicht aufzuhalten war.

Im fernen Bonn standen die SPD-Führer Hans-Jochen Vogel, Horst Ehmke, Jürgen Schmude oder Altkanzler Helmut Schmidt der SDP-Gründung ablehnend gegenüber. Als besonders weltfremd erwies sich Berlins Bürgermeister Walter Momper, der alles auf Reformen in der SED setzte, in der „sozialdemokratische Elemente“ vorhanden seien. Nach seinen Worten könne sich diese zu einer SPD entwickeln, was der Leser indes nicht erfährt. Es war primär die rasante Entwicklung in der DDR und das Bestreben, bei Wahlen möglichst erfolgreich zu sein, daß es im Oktober 1989 zum Treffen der beiden Parteien in „gegenseitiger Distanz und Unsicherheit“ kam. Später benannte sich die SDP in SPD um, bald beendete auch die West-SPD ihre Verbindungen zur SED/PDS.

Als sich Anfang 1990 die beiden sozialdemokratischen Parteien vereinigten, blieb das Verhältnis der „Gefährten“ (Hans-Jochen Vogel) angespannt. Selbst Willy Brandt redete lediglich von „Freunden“, nie von Genossen. Über diesen aus heutiger Sicht eher beschämenden Umgang der SPD mit den DDR-Sozialdemokraten geht das Buch auch hinweg. Die Gründer von Schwante aber dürften dies bis heute nicht vergessen haben.

Peter Gohle: Von der SDP-Gründung zur gesamtdeutschen SPD. Dietz-Verlag, Bonn, 2014, gebunden, 484 Seiten, 42 Euro

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