© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/15 / 16. Januar 2015

Hü und Hott bei Springer
Pegida: Deutschlands wichtigster Zeitungsverlag versucht im Zusammenhang mit Islamkritik einen großen Spagat
Tobias Dahlbrügge

Der Axel-Springer-Verlag spielt im Umgang mit Pegida ein doppeltes Spiel. Während Bild eine klare Linie gegen Pegida einnimmt, veröffentlicht die Welt Beiträge, die dem Pegida-Programm entnommen sein könnten.

Seit dem Teilnehmerrekord bei Pegida Dresden am 5. Januar feuert das Boulevardblatt aus allen Rohren auf die Spaziergänger. Bisheriger Höhepunkt: die Kampagne von 50 Personen des öffentlichen Lebens, die sich neben Promis wie Heino plazieren durften. Zudem jubelte Bild einige Verbalattacken unbekannter Nutzer gegen die Ex-Ministerin Kristina Schröder zu einem „Shitstorm“ hoch, nachdem diese sich verhalten islamkritisch geäußert hatte. Von Stefan Niggemeier wird Bild allerdings wegen eines Schlingerkurses scharf kritisiert. Der Medienkritiker warf dem Chefredakteur („Brandstifter Kai Diekmann“) vor, Islamkritik durch die Verwendung von Reizworten wie „Islamrabatt“ gefördert zu haben.

Weniger eindimensional dagegen die Welt aus demselben Verlag. So mahnt die Zeitung, „die Attacken auf Pegida haben jedes Maß verloren“ und erkennt, daß „Pegida keine Krankheit ist“. Pegida sei vielmehr ein Symptom. Bisheriger Höhepunkt hier: ein Artikel mit der Überschrift „Die Zuwanderung nach Europa ist außer Kontrolle“. Leser müssen sich erstaunt die Augen reiben ob soviel Klartext: „Nur hier und da kommt in Einzelfällen zum Vorschein, wieviel ‘Augen zu’ und Durchwinken inzwischen bei der Zuwanderung herrscht.“

Die Ambivalenz ist dem Springer-Binnenpluralismus und führenden Personen geschuldet: Diekmann ist eine treibende Kraft hinter der Anti-Pegida-Berichterstattung der Bild. Bei der Welt stehen Stammautoren wie Matthias Matussek und Henryk M. Broder für Islamkritik. Die Leser haben sich indes schon entschieden: Die sachlichen Pegida-Beiträge haben in den sozialen Netzwerken die Nase vorn. Bei Anti-Pegida-Stücken in der Bild klickt die klare Mehrzahl der Leser die neue Kategorie „Wut“, weil sie mit dem Inhalt offenbar nicht einverstanden ist.

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