© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/15 / 16. Januar 2015

Über die rosa Relevanz
Schwule als neue „Leistungsträger“
Werner Olles

Über die gesellschaftspolitische Relevanz mancher Bücher läßt sich streiten. So verhält es sich auch bei Jens Schadendorfs „Der Regenbogenfaktor“, in dem der Autor „erstmals die dynamische Rolle von Homosexuellen und die mit ihnen verknüpften Bereicherungen der Vielfalt in Unternehmen und Gesellschaft (zeigt)“ und bei der Aufzählung der Konzerne von Allianz und IBM über Commerzbank und Deutsche Post bis McKinsey auch die Bundeswehr und den Deutschen Fußball-Bund nicht vergißt. So seien „Schwule und Lesben in Wirtschaft und Gesellschaft von Außenseitern zu Leistungsträgern“ geworden. Wer hätte das gedacht? Immerhin sind inzwischen über 60 Jahre vergangen, als es in gewissen halbstarken Kreisen noch üblich war, abends im Park „Schwule zu verkloppen“.

Schadendorf, Unternehmensberater, Publizist und bekennender Homosexueller, sieht in den erfolgreichen Schwulen aus der „bürgerlichen Mitte“ die „neuen Helden des Alltags“. Tatsächlich sind Homosexuelle in manchen gesellschaftlichen Bereichen prägend. Allerdings erklärt uns Schadendorf nicht, warum in einer derart homosexualisierten Gesellschaft das Outing des millionenschweren Fußballstars Hitzelsberger einen derartigen Medienrummel verursachte wie vor einem Jahr, wobei ständig aus der Perspektive einer imaginären Opferrolle argumentiert wurde.

Nervend wie belanglos offensichtlich sind Neuigkeiten wie jene, daß die Vorsitzenden von LSU (Lesben und Schwule in der Union) und Schwusos (Lesben und Schwule in der SPD) schon mal gemeinsame Erklärungen zur Homoehe abgeben. Noch ermüdender ist aber die politische Korrektheit des Autors. So fällt kein Wort darüber, daß handgreiflicher Schwulenhaß hierzulande nahezu ausschließlich von männlichen muslimischen Zuwanderern ausgeht, oder daß die Mißbrauchsfälle in der katholischen Kirche – die Schadendorf wegen ihrer angeblichen „Homophobie“ an den Pranger stellt – fast allesamt von homosexuellen Priestern begangen wurden.

Das einzige, was man bei diesem Sammelsurium von Banalitäten und Trivialitäten aus der Binnensicht noch vermißt, ist die Forderung nach einer Homoquote für die städtische Müllabfuhr.

Jens Schadendorf: Der Regenbogen-Faktor. Schwule und Lesben in Wirtschaft und Gesellschaft. Redline Verlag, München 2014. gebunden, 192 Seiten, 19,90 Euro

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