© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  05/15 / 23. Januar 2015

DVD: Haus in der Via Roma
Gespür für Zwischentöne
Werner Olles

Ein Weinbauernhof in der Toskana im Jahr 1885. Nach dem Tod des alten Gassamonti versammeln sich seine Söhne und Enkel, um das Erbe anzutreten. Doch nicht der jüngere Sohn Stefano, der das Gut mit seiner Familie bewirtschaftet, erbt den Hof, sondern Ferdinando, der Ältere, der im nahen Florenz eine Weinhandlung betreibt. Zu ihm schickt Stefano seinen jüngsten Sohn Amerigo (Jean-Paul Belmondo). Er soll im Geschäft des Onkels arbeiten, aber der behandelt ihn schäbig und enthält ihm sogar seinen Lohn vor.

Eines Tages begegnet Amerigo einer schönen jungen Frau, die ihn sofort in ihren Bann zieht. Doch Bianca (Claudia Cardinale) ist alles andere als ein ehrbares Mädchen, sie bedient vielmehr im stadtbekannten Freudenhaus in der Via Roma ihre Kunden. Amerigo, der sich in Bianca verliebt hat, stiehlt aus der Ladenkasse des Onkels Geld, um sie für ihre Liebesdienste zu bezahlen. Als dieser dahinterkommt, schwärzt er seinen Neffen bei Stefano an, der seinen Sohn brutal verprügelt.

Aber Amerigo ist Bianca längst hörig und will sie sogar heiraten. Er beginnt als Rausschmeißer im Bordell zu arbeiten. Dort kommt es zu einer Auseinandersetzung mit einem Stammkunden Biancas, der Amerigo mit einem Messerstich schwer verletzt. Er flieht aus dem Hospital, aber im Haus an der Via Roma weiß angeblich niemand, wo Bianca geblieben ist …

Mauro Bologninis Sozialdrama „Das Haus in der Via Roma“ („La Viacchia“, 1960) nach einem Roman von Mario Patresi glänzt vor allem durch seine beiden Hauptdarsteller Jean-Paul Belmondo und Claudia Cardinale. Hervorragend besetzt sind auch die Nebenrollen mit Paul Frankeur („Wenn es Nacht wird in Paris“, 1953) als wucherischem Onkel und Pietro Germi, dem Regisseur der bitterbösen Satire „Scheidung auf italienisch“ (1961), als Stefano.

Bolognini setzt die Geschichte mit viel Gespür für Zwischentöne in Szene, auch wenn der Film im zweiten Teil recht melodramatisch wird. Dafür hat er die Atmosphäre der Jahrhundertwende und die alten Bilder von Florenz und der Toskana liebevoll nachempfunden. „Das Haus in der Via Roma“ ist eine kleine cineastische Kostbarkeit, die zeigt, daß das europäische Kino schon vor über fünfzig Jahren Hollywood durchaus den Rang ablaufen konnte.

DVD: Das Haus in der Via Roma. Polar Film/Schröder Media GmbH 2014, Laufzeit etwa 90 Minuten

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