© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  05/15 / 23. Januar 2015

Frisch gepresst

Speziallager. Mit diesem technokratischen Begriff belegten die Sowjets und ihre SED-Handlanger ein mörderisches Haft- und Unterdrückungsystem, in welches sie seit dem Frühjahr 1945 an zehn Standorten des sowjetischen Besatzungsgebietes, zu welchem auch die ehemaligen NS-Konzentrationslager Buchenwald und Sachsenhausen gehörten, mindestens 120.000 „feindliche Elemente“ eingesperrten. Vordergründig waren damit Angehörige der Administration und NS-Funktionäre gemeint, letztlich ging es aber „gegen jedermann, der als ‘Staatsfeind’ verdächtig wurde“ (Eugen Kogon). Nachdem bis 1989 sprichwörtlich Friedhofsruhe herrschte, wird seit Ende der DDR auch dieses dunkle Kapitel peu à peu aufgearbeitet. Für das Lager Ketschendorf nahe dem brandenburgischen Fürstenwalde hat die „Initiativgruppe Intervierungslager Ketschendorf/Speziallager Nr. 5“ mit Unterstützung der Bundesstiftung Aufarbeitung nun ein sorgfältig erarbeitetes „Totenbuch“ vorgelegt, das neben den 4.722 Opfern der über 10.000 „internierten“ 12- bis 72jährigen Gefangenen auch die Geschichte dieses kommunistischen Schreckensortes reflektiert. (bä)

Andreas Weigelt (Hrsg:): Totenbuch. Sowjetisches Speziallager Nr. 5 Ketschendorf 1945–1947. Wichern Verlag, Berlin 2014, gebunden, 241 Seiten, Abbildungen, 24,95 Euro

 

Zeugen Jehovas. 1881 entstand in den USA die „Watchtower Bible and Tractat Society“. Mit einem effizienten Missionsprogramm breitete sich die Sekte innerhalb weniger Jahrzehnte international aus. Die „Zeugen Jehovas“ lassen sich nicht auf die Welt ein, es sei denn um Seelen für das Königreich Gottes, das heißt Zulauf für die eigene Gemeinschaft zu finden. Ihre Loyalität zur Obrigkeit und politische Indifferenz konnte repressive Staaten nicht hindern, sie als Feinde zu behandeln. Der Opferstatus unter dem Nationalsozialismus garantierte ihnen in der Sowjetischen Besatzungszone anfänglich die freie Religionsausübung. Doch bereits 1950 unterstellte ihnen der SED-Staat einen „Mißbrauch der Glaubensfreiheit“ zu Zwecken der Spionage. Tausende Zeugen Jehovas waren seither bis zum Ende der DDR inhaftiert. In Band 3 der Studienreihe der Landesbeauftragten für die Stasiunterlagen in Sachsen-Anhalt beschäftigt sich Falko Schilling mit diesen Ereignissen. (sh)

Falko Schilling: Die Zeugen Jehovas in der SBZ/DDR 1945 bis 1951. Neuanfang, Behinderung und Verfolgung. Mitteldeutscher Verlag, Halle 2014, broschiert, 128 Seiten, 25 Euro

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