© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  06/15 / 30. Januar 2015

Der Kapitalismus ist besser als sein Ruf
Oxfam lügt
Markus Brandstetter

Sind Reiche deshalb reich, weil Arme arm sind? Sind die Reichen der Welt nur durch die Unterdrückung, Ausbeutung und Übervorteilung der Armen reich geworden? Besteht also zwischen reichen und armen Menschen, Ländern und Erdteilen ein kausaler und vollkommen einseitiger Zusammenhang? Wer den jüngsten Bericht der Hilfsorganisation Oxfam liest, der könnte zu diesem Schluß kommen.

Die 1948 gegründete britische Organisation ist ein Verbund verschiedener Hilfs- und Entwicklungsorganisationen, der behauptet, sich für eine gerechtere Welt ohne Armut einzusetzen. Vor einigen Tagen hat Oxfam mit viel publizistischem Tamtam behauptet, daß das reichste eine Prozent der Menschheit mehr als 50 Prozent der Reichtümer dieser Welt besäße und daß die zwischen Reichen und Armen klaffende Lücke sich stetig vergrößere.

Geben die Zahlen das tatsächlich her? Rechnen wir doch mal kurz nach: Heute leben auf der Welt sieben Milliarden Menschen. Von denen muß eine Milliarde, die wirklich Ärmsten der Armen, mit 1,25 US-Dollar am Tag auskommen. Eine Milliarde ist viel zu hoch, und wir alle sollten etwas dafür tun, daß es diesen Menschen bald besser geht. Aber noch 1990 waren es zwei Milliarden Menschen gewesen, die von einem Dollar am Tag leben mußten. Im selben Zeitraum ist die Anzahl der Armen in Schwellenländern von 49 Prozent auf 21 Prozent gesunken. Die Anzahl der Armen auf der Welt hat sich also in 25 Jahren halbiert. Nie zuvor in der Geschichte wurden in so kurzer Zeit so viele Menschen aus Armut und Elend befreit. Darüber jedoch reden Oxfam und andere Hilfsorganisation nie, weil diese Zahlen den selbsternannten Helfern das Geschäft verderben würden.

Wie konnte es nun in so kurzer Zeit gelingen, so viele Menschen wohlhabender, besser ernährt, gekleidet und sozial abgesichert zu machen? Eins ist klar: Oxfam und ähnliche Organisationen sind nicht der Grund dafür. Der wahre Grund liegt in moderner Technologie, die immer mehr Länder erreicht, dort die Produktivität erhöht und zu Wirtschaftswachstum führt. Zwischen 1990 und 2010 ist das Bruttoinlandsprodukt in den Schwellenländern jährlich um durchschnittlich 6,1 Prozent gestiegen – und das, obwohl die Welt in dieser Zeit durch die schwerste Finanzkrise seit den 1930er Jahren ging.

Natürlich ist Wachstum nicht alles, eine gerechte Verteilung unter allen Bevölkerungsschichten spielt auch eine Rolle, und in puncto Umverteilung ist noch einiges zu tun – aber Wachstum ist die Grundlage für jeden weiteren Fortschritt und jede weitere Erhöhung des Lebensstandards. Wer die Oxfam-Berichte und die Reaktion der meisten Medien darauf liest, der gewinnt den Eindruck: Oxfam benutzt das Elend der Armen, um damit einen publizistischen Klassenkampf zu inszenierten. Oxfam geht es nicht mehr darum, den Armen zu geben, sondern von den Reichen zu nehmen.

Oxfam-Bericht: „Besser gleich!“: www.oxfam.de

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