© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  06/15 / 30. Januar 2015

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Nach einer aktuellen Studie der Keyfacts Onlineforschung GmbH im Auftrag des Internet-Reiseportals Travel24.com haben rund 4,5 Millionen Deutsche in den vergangenen zwei Jahren in Hotels im In- und Ausland Gegenstände geklaut. Der Gesamtschaden beläuft sich auf mindestens 37 Millionen Euro. Für die Umfrage wurden 5.800 deutsche Urlauber befragt. Mitgenommen wird alles, was nicht niet- und nagelfest ist. Auf Platz eins liegen Hygieneartikel (Shampoo, Duschgel, Seife), gefolgt von Schreibutensilien und Handtüchern. Gern entwendet werden außerdem Flaschenöffner, Gläser, Bademäntel, Aschenbecher Kleiderbügel, Kissen, Decken, Fernbedienungen; sogar Zimmertelefone und Fernseher werden abtransportiert. Besonders kleptomanisch veranlagt sind übrigens der Studie zufolge Menschen mit einem höheren Bildungsniveau. Über die Hälfte der geständigen Hoteldiebe gab an, sie hätten einen (Fach-)Hochschulabschluß.

„Wenn die Regierung die Rechte des Volkes verletzt, ist für das Volk und jeden Teil des Volkes der Aufstand das heiligste seiner Rechte und die unerläßlichste seiner Pflichten.“ (Artikel 35 der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte, die der französischen Verfassung von 1793 vorangestellt war, aber nie in Kraft trat)

In Hotels werden aber nicht nur Sachen geklaut, umgekehrt lassen Urlauber alles mögliche dort zurück, sei es absichtlich oder aus Schusseligkeit. Die Liste der Fundstücke ist lang, sie reicht von Bekleidung, Kosmetik- und Pflegeartikeln, Büchern bis zu Elektronikgeräten, Schmuck und Bargeld. Aufgefundene Gegenstände werden in den Hotels zumeist eine Zeitlang aufbewahrt; meldet sich der vergeßliche Gast nicht, werden die Sachen versteigert oder für wohltätige Zwecke gespendet. Ein Anspruch auf Nachsendung besteht nicht. Mein schwarzes Lederarmband mit silbernem Magnetverschluß, das ich vorige Woche – Schuld eigene – in einem Hotelzimmer liegengelassen habe, ist allerdings ohnehin nicht wieder aufgetaucht. Eine telefonische Nachfrage am nächsten Vormittag bei der Hotelrezeption blieb erfolglos. Müßig nun von mir, über eine diebische Elster in den Reihen des Zimmerpersonals zu spekulieren. Die immense Verärgerung über den Verlust bleibt.

„Man kann einen Teil des Volkes die ganze Zeit täuschen und das ganze Volk einen Teil der Zeit, aber man kann nicht das ganze Volk die ganze Zeit täuschen.“ (Abraham Lincoln, US-Präsident, zitiert nach: Milwaukee Daily Journal, 29. Oktober 1886)

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