© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  06/15 / 30. Januar 2015

Knapp daneben
Die Lügenpresse verdient Mitleid
Karl Heinzen

Die Pinguine Skipper, Kowalski, Private und Rico aus der Trickfilm-Reihe „Madagascar“ begeistern seit Jahren jung und alt. Kurz vor Weihnachten kamen sie mit einer weiteren lustigen Episode in die Kinos, in der sie ihre Abenteuer erstmals ohne die Kameraden aus dem Central Park Zoo zu bestehen haben. Ohne zuviel zu verraten: Das Glück ist auf ihrer Seite, und nebenbei spielt eine Geheimorganisation, die allen schwachen Tieren auf der Welt beistehen will, eine wichtige Rolle. In die Herzen des deutschen Publikums konnten sich die vier lässig-chaotischen Seevögel im Naturfrack aber nur spielen, weil ihnen wesensverwandte Synchronsprecher ihre Stimme liehen.

Auch im wirklichen Leben stehen Smudo (alias Private), Michi Beck (Skipper), And.Ypsilon (Rico) und Thomas D. (Kowalski) für Spaß, wenn sie als Fantastische Vier auf der Bühne herumhopsen und ihren Knüttelverssprechgesang zum besten geben.

Allzu viele Ereignisse sind einfach nur widerwärtig. Auch Journalisten sind sie nicht zuzumuten.

Die Anfänge dieser Band liegen in den späten 1980er Jahren, als unter der Schreckensherrschaft Helmut Kohls Geschmacksverblödung um sich griff. Der Mut der „Fanta4“, ihr mit deutschsprachigem Hip-Hop entrinnen zu wollen, verdient weiterhin Respekt. Leider gelang es ihnen aber nie, künstlerisch zu reifen. Noch immer blödeln sie auf dem Niveau harmloser Abiturstreiche herum, die bitteren Wahrheiten des sexistischen und gewalttätigen Rap von heute sind ihnen verschlossen. Dies macht sie ausrechenbar, so ausrechenbar, daß man nicht einmal ihre Konzerte besuchen muß, um zu wissen, was auf diesen geboten wird.

Den Beweis dafür lieferte jetzt der Kölner Stadt-Anzeiger. Noch bevor die „Fanta4“ die Bühne in der Domstadt betreten hatten, stellte er bereits eine enthusiastische Konzertkritik ins Netz. Vielleicht wollte der Autor tatsächlich bloß besonders schnell sein. Vielleicht ekelte es ihn aber auch an, den Auftritt über sich ergehen zu lassen. Dies dürfte nämlich der eigentliche Grund für das Phänomen der Lügenpresse sein: Allzu viele Ereignisse sind einfach nur widerwärtig. Auch Journalisten ist nicht zuzumuten, sich mit ihnen wirklich auseinanderzusetzen. Frauen sitzen, die tonnenweise Folie in den Haaren haben“

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