© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/15 / 06. Februar 2015

Währungsgefälle: Die Regierungen lügen immer dreister
Hetze gegen Spekulanten
Thomas Kirchner

Charles de Gaulle schimpfte einst auf Spekulanten, als er den Franc wegen der fehlgeleiteten Pariser Wirtschaftspolitik abwerten mußte. sie seien die Gnome aus der Züricher Bahnhofsstraße. Auch sonst fällt der Verdacht bei jedem Zusammenbruch eines unhaltbaren festen Wechselkurses stets auf skrupellose Spekulanten: Egal ob bei den Turbulenzen in Asien nach der dortigen Kreditkrise im Jahr 1998, einer ähnlichen Überschuldung Mexikos vier Jahre zuvor, dem Austritt Großbritanniens 1992 aus dem dem Vorgänger des Euro, dem Europäischen Währungssystem, oder schon 1922/23 während der Hyperinflation in Deutschland – die Schuldigen für eine Abwertung sind stets abstrakte Spekulanten, nie eine katastrophale Wirtschaftspolitik.

Um so erstaunlicher waren die Reaktionen auf die Aufwertungsturbulenzen des Schweizer Franken: Ausnahmsweise wurde der wirklich Verantwortliche, die Schweizer Zentralbank und ihr Unbehagen an der EZB-Weichwährungspolitik, als verantwortlich anerkannt. Es ist eine rühmliche Ausnahme, wenn eine Zentralbank aus einer unhaltbaren Strategie aussteigt, lange bevor sie dazu von der Realität und deren Abbild in den Märkten gezwungen wird.

Doch alle Hoffnungen auf eine plötzlich eingekehrte wirtschaftliche Vernunft sind schon wieder geplatzt. Denn das deutsche Finanzministerium warnt vor fiesen Spekulanten. Die sollen jetzt angeblich Polen und Dänemark ins Visier nehmen. Ein durchsichtiges Ablenkungsmanöver, mit dem die zu erwartende Entwertung des Euro Spekulanten in die Schuhe geschoben werden soll. Polen und Dänemark werden sich früher oder später in der gleichen Lage befinden wie die Schweiz und aufwerten müssen, aber der Euroschwäche wegen.

Der Begriff „Währungskrieg“ beschreibt die augenblicklichen Zustände treffender als Hirngespinste über angebliche Spekulationen. Er wurde vom damaligen brasilianischen Finanzminister Guido Mantega im September 2010 in bezug auf die damalige Papiergeldflut der US-Zentralbank wiederbelebt. Doch während sich die Amerikaner langsam auf den Rückzug vorbereiten, bläst die EZB jetzt erst richtig zur Schlacht. Und obendrein fordert auch noch Schwedens Finanzminister die Abwertung der Schwedischen Krone. Ein Währungskrieg fürwahr.

Als der Euro während der Griechenlandkrise 2010 von 1,37 auf 1,25 Dollar fiel, wetterten Politik und Leitmedien gegen irrationale Finanzmärkte und spekulative Attacken gegen den Euro. In den letzten sechs Monaten ist er von 1,35 auf derzeit nur noch 1,12 Dollar gesunken, Tendenz: fallend. Eine Kampagne gegen Spekulanten zur Entlastung der selbstzerstörerischen EZB-Währungskrieger könnte manchem ins Kalkül passen. Wie die Schweiz gezeigt hat, braucht es keine Spekulanten, um einen willkürlich fixierten Wechselkurs zu Fall zu bringen. Der staatlich gelenkte Währungskrieg ist in vollem Gange.

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