© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/15 / 06. Februar 2015

Die Handlung muß realistisch sein
Kinder- und Jugendliteratur: Der Laetitia-Verlag bietet fesselnde Abenteuerbücher für junge Leser
Leonhard Lauterstein

Das Problem liegt nicht in der Quantität, sondern in der Qualität. Nahezu unüberschaubar ist die Flut an Büchern, die sich jedes Jahr in der Sparte Kinder- und Jugendliteratur über den potentiellen Leser ergießt: Massenweise stapeln sich noch immer Harry-Potter-Wälzer, die Bände der„Bis(s)“-Vampir-Saga, die Maze-Runner-Trilogie und „Die Tribute von Panem“ auf den Verkaufstischen der Buchläden. Daneben liegen die Tagebücher eines gewissen „Greg“ aus, die in Millionenauflagen inzwischen bei Band 9 angelangt sind. Die Kompetenz „Lesen“ ist für diese Art von Lektüre für das zehn- bis zwölfjährige Zielpublikum übrigens nicht mehr nötig, denn die in Comic-Manier gezeichneten Strichmännchen von Greg und seinen Freunden auf jeder einzelnen Seite erschließen die belanglosen Geschichten schon fast von selbst.

Neben Fantasy- und seichter Lektüre gibt es aber noch die „andere“ Seite: Nennen wir sie die „pädagogische“ Seite von Erwachsenen, die Jugendlichen ihr eigenes Weltbild politisch korrekt überstülpen wollen. Sieht man sich etwa die Nominierungen und die Vergabe des vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gestifteten Deutschen Jugendliteraturpreises der vergangenen Jahre genauer an, so fällt die Vorliebe der acht weiblichen Juroren und des einen männlichen Preisrichters für bestimmte Stoffe auf, die häufig thematisiert werden: Ausländer-, Flüchtlings-, Drogen- und soziale Probleme, Homosexualität, Kriege und das Dritte Reich. Mit der Lebenswelt deutscher Zehn- bis Vierzehnjähriger haben diese Stoffe meist nicht allzuviel zu tun. Wollen junge Menschen so etwas tatsächlich lesen? Wohl eher nicht.

Realitätsbezogen und naturnah

Sie möchten stattdessen gut und fesselnd unterhalten werden. Um dem Mangel an guter Kinder- und Jugendliteratur abzuhelfen, legte sich Otfried Wolfrum, Jahrgang 1935, nach einem aktiven Arbeitsleben noch einmal so richtig ins Zeug und gründete im Jahr 2000 kurzerhand einen eigenen Verlag, der seinen Sitz im Ostseebad Kellenhusen hat. Dem umtriebigen emeritierten Hochschulprofessor für Geodäsie an der TU Darmstadt geht es um die Förderung von „spannender Literatur, die realitätsbezogen und naturnah ist“. Im Vordergund sollten jene Inhalte stehen, „die der Gefühlswelt der Leser nahe sind“. In einer Selbstdarstellung heißt es weiter: „Nicht verkrampfte, dümmliche Albernheiten, sondern ein natürlicher, echter Humor, der wirklichen Lesespaß erzeugen kann, steht im Vordergrund.“ Seine Frau, die Übersetzerin Erika Wolfrum, kümmert sich um Lektorat und Buchgestaltung.

Der Name des Verlags „Laetitia“ ist auch Programm. Er ist lateinischer Herkunft und bedeutet die „Glückliche“, die „Fröhliche“ – die Verleger wollen Kinder und Jugendliche mit ihren Büchern glücklich machen und ihnen „echte Lesefreude bieten“. Was ihnen auch gelingt. Das aktuelle Angebot der Kinder- und Jugendbuchverlage mit ihren problembeladenen Titeln und Themen findet Wolfrum unbefriedigend.

Bislang umfaßt sein Programm 25 Bücher, die sich schon äußerlich in der Einbandgestaltung von dem momentanen Einheitsbrei abheben und damit an glücklichere Zeiten anknüpfen, in denen Kinder noch Kinder sein durften und nicht schon in Krippe und Kita mit den Sorgen von Erwachsenen behelligt wurden. Ein wenig erinnern die stimmungsvollen Aquarellbilder von Doris Eisenburger auf den Umschlagseiten an die farbenfrohen legendären Abenteuerromane von Karl May mit ihren lebendigen Motiven: Zwei oder drei Freunde im Kanu gleiten einen reißenden Fluß entlang, sitzen am Lagerfeuer oder fliehen vor einer Feuersbrunst. Auch die Titel der Romane aus dem Laetitia-Verlag wie „Der Goldsucher“, „Unter Perlenfischern und Piraten“ oder „Der Gefangene vom Monte Rosso“ lassen an die Bände des wohl berühmtesten Jugendschriftstellers aller Zeiten denken.

Statt Zeitkritik, Konfliktanalysen und emanzipatorischen Inhalten möchte Otfried Wolfrum seinen jungen Lesern kindgerechte Stoffe vermitteln – und die dann auch noch spannend verpacken. Realistisch sollen die Geschichten sein, nachvollziehbar, gleichzeitig aber auch die Phantasie anregen. Wegen der fehlenden Realitätsnähe lehnt er Fan-tasyliteratur ab.

Die Romane für Kinder und Jugendliche aus dem Laetitia-Verlag zeichnen sich gerade dadurch aus, daß sie im Hier und Jetzt angesiedelt sind – und eben nicht in Phantasiewelten. Ihre Protagonisten erleben fesselnde Abenteuer in der Natur; statt der literarischen Aufarbeitung von Häme-, Rache-, Eifersuchts- und Neid-Motiven wird hier ein Bild des Alltags von Jugendlichen gezeichnet, denen Werte wie Kameradschaft, Hilfsbereitschaft, Durchhaltevermögen und Achtung vor den Eltern selbstverständlich sind.

Otfried Wolfrum schließt mit seinem Verlag eine Marktlücke. Fehlt nur noch, daß er bekannt(er) wird.

Kontakt: Laetitia-Verlag, Dahmer Weg

27 a, 23746 Kellenhusen, Telefon: 0 43 64 / 47 03 54

www.laetitia-verlag.de

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