© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  09/15 / 20. Februar 2015

CD-Kritik: Pieter Wispelwey
Rokoko-Variationen
Sebastian Hennig

Der niederländische Cellist Pieter Wispelwey huldigt mit dem Musikkollegium Winterthur unter Jonathan Morton einem erweiterten Begriff des „Rococo“. Es handelt sich dabei nicht um eine jener geschmäcklerischen Kompilationen, deren Auswahl einer plakativen Wirkung zu folgen hat. Die Auswahl ist plausibel. Die Rokoko-Variationen von Tschaikowski können ihren Meister nicht verleugnen. Spätestens in der 4. Variation bricht das Sinfonische hervor, wenn auch ins Spielerische entrückt, wodurch die sentimentale Wucht sich verschlankt.

Carl Philipp Emanuel Bachs Concerto in A-Dur wird sehr gegenwärtig in dieser Darbietung. Skrupellos und frei von Vorsicht offenbart das Musikkollegium Winterthur diese Musik. Dabei begleiten die Nebengeräusche der Klangerzeugung des Solisten die Musik. Das leichte trockene Klopfen des Bogens auf das Holz ist leise immer wieder zu vernehmen.

Als ein wildes Maskenspiel bricht Igor Strawinskys Italienische Suite hervor. Dunkel, geheimnisvoll und schalkhaft gibt sich diese Rokoko-Verkleidung. Die Aria verläuft mit orientalischem Schwung. Die Tarantella bricht nach Ablauf einer fast schon trostlosen Mechanik jäh ab. Und das Minuetto verzieht sich rutschend in schwerfälliger Flinkheit. Das lebhafte Finale wirbelt vorbei wie ein verirrter Wind von fernen Inseln.

Pieter Wispelwey Rococo Musikkollegium Winterthur EPR Classic, 2014 www.eprclassic.eu

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