© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/15 / 06. März 2015

Sudetendeutsche streichen Entschädigungsforderung
Kotau vor Prag
Gernot Facius

Verbandssatzungen sind keine in Stein gehauenen Gesetzestafeln. Sie spiegeln stets die Zeit wider, in der sie entstanden sind. Man muß sie von Fall zu Fall aktualisieren. So gesehen ist die Streichung des – mißverständlichen – Vereinsziels „Wiedergewinnung der Heimat“ in der Satzung der Sudetendeutschen Landsmannschaft (SL) nachvollziehbar. Daß jedoch die Forderung nach Restitution oder gleichwertiger Entschädigung für die kollektive Enteignung gestrichen wird, stellt die SL vor eine Zerreißprobe. Rufe nach Anfechtung der Beschlüsse sind nicht zu überhören.

Die Gegner der Satzungsänderung lassen sich nicht durch die vage Formulierung besänftigen, wonach geschehenes Unrecht „auf der Grundlage eines gerechten Ausgleichs zu heilen“ sei; dazu gab es genug Gelegenheiten. Faktisch hat die SL, wohl auf Druck aus München, der anderen Seite alles zugestanden, was in deren Sinn ist. Selbst die Forderung nach Aufhebung der rassistischen Benesch-Dekrete kommt als sanftes Gesäusel daher.

Der Abschied vom Opferverband ist programmiert. Man macht einen Kotau vor Prag, um Seehofers „Dialog“-Kurs nicht zu stören. Immerhin hat der ehemalige tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg den Regierenden an der Moldau empfohlen, jetzt „ihrerseits Zeichen zu setzen“. Viel Hoffnung gibt es nicht.

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