© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/15 / 06. März 2015

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Konservative Vernetzung
Marcus Schmidt

David Bendels steht auf dem Dach des Jakob-Kaiser-Hauses und zieht genüßlich an seiner Zigarette. Sein Blick fällt auf den Reichstag, rechts davon schlängelt sich die Spree zwischen dem Paul-Löbe- und dem Marie-Elisabeth-Lüders-Haus durch das Regierungsviertel. Doch das CSU-Mitglied aus Oberfranken ist nicht als Tourist nach Berlin gekommen.

Gemeinsam mit seinen beiden Vorstandskollegen Linda Mergner und Lars Bergen vom „Konservativen Aufbruch“ der CSU ist Bendels in der vergangenen Woche nach Berlin gereist, um in der Hauptstadt für Unterstützung für ihr Anliegen zu werben: dem konservativen Flügel in der CSU wieder mehr Geltung zu verschaffen.

Bendels und seine Mitstreiter sind in der Union nicht die ersten, die sich dieses Ziel auf die Fahnen geschrieben haben. Vor ihnen hat in jüngerer Zeit die Aktion „Linkstrend stoppen“ versucht, den Kurs der Union in ihrem Sinne zu beeinflussen. Nachdem die 2010 gegründete Initiative in den Medien zunächst einige Aufmerksamkeit erregen konnte, ist sie mittlerweile wieder versandet. Ähnlich war es in den neunziger Jahren mit dem allerdings auf einer wesentlich breiteren Basis und mit Unterstützung mehrerer Bundestagsabgeordneten gestarteten Christlich-Konservativen Deutschland-Forum ergangen. Beständiger ist derzeit der von mehreren CDU-Politikern um den früheren Fraktionschef im hessischen Landtag Christean Wagner und dem Bundestagsabgeordneten Wolfgang Bosbach gegründete Berliner Kreis, dem in seiner Gründungsphase auch der jetzige AfD-Vize Alexander Gauland angehörte.

Die Vertreter der CSU-Basisbewegung waren für die verbliebenen Konservativen unter den Berufspolitikern der Union in der vergangenen Woche in Berlin begehrte Gesprächspartner. Denn sie verfügen über das, was dem Berliner Kreis fehlt: einen aktiven personellen Unterbau. Während die CSU-Rebellen in ihrer Adreßdatei mittlerweile Tausende Parteifreunde verzeichnet haben, die mit dem Kurs der Christsozialen unzufrieden sind, hat der Berliner Kreis auf eine Beteiligung einfacher Parteimitglieder bisher bewußt verzichtet. Diese Selbstbeschränkung hat mit dazu beigetragen, daß die CDU-Konservativen stets die Aura des Geheimnisvollen – oder der Bedeutungslosigkeit umgibt. Doch damit soll dem Vernehmen nach nun Schluß sein. Mittlerweile haben die im Berliner Kreis organisierten Unionspolitiker einen Mitarbeiter angestellt, der dem Zusammenschluß neuen Schwung verleihen soll. Auch über eine Öffnung für einfache Parteimitglieder wird mittlerweile nachgedacht, heißt es.

Von der Unterstützung durch einen festen Mitarbeiter können die CSU-Aktivisten des Konservativen Aufbruchs angesichts ihrer bescheidenen finanziellen Ressourcen bislang nur träumen. Die stetig wachsende Verwaltungsarbeit erledigen die Vorstandsmitglieder neben ihrem Beruf in ihrer Freizeit. „Die Arbeit wächst uns langsam über den Kopf“, sagt Bendels und hofft auf baldige Entlastung. Vielleicht hat die Reise nach Berlin ja dabei geholfen, diesem Ziel näher zu kommen.

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