© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/15 / 06. März 2015

Meldungen

Nach drei Generationen erlahmt das Interesse

KIEL. „Zuviel Reden über die Shoa“ sei für die Deutschen „weder nötig noch gesund“, befindet Daniel Stein Kokin, der an der Universität Greifswald Jüdische Literatur und Kultur lehrt (Schleswig-Holsteinische Landeszeitung vom 26. Januar 2015). Diese Einschätzung des bekennenden Zionisten korrespondiert mit einer kurz vor dem 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz veröffentlichten Umfrage der Bertelsmann-Stiftung zu den deutsch-israelischen Beziehungen. Sie fand zwar kaum Beachtung, dürfte aber den alarmistischen Appell Joachim Gaucks am 27. Januar 2015 erklären, Auschwitz fortan als Teil bundesdeutscher Identität zu akzeptieren. Gauck reagierte damit offenkundig darauf, daß 81 Prozent der Befragten die Geschichte der Judenverfolgung inzwischen gern hinter sich lassen möchten und fordern, Politiker sollten sich lieber akuten Problemen widmen. Ausdrücklich für einen „Schlußstrich“ traten 58 Prozent der Befragten ein. Das Umfrageresultat bestätigt Standardwissen der Erinnerungsforschung. Danach verlieren selbst tiefgreifende Katastrophenerfahrungen wie die beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts in der dritten Generation der Nachgeborenen an prägendem Einfluß auf Denken und Handeln einer Nation. (wm)

 

Geheimdokumente zum Löcherstopfen benutzt

LONDON. Zeitgleich mit dem deutschen Kinostart des Films „The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben“, der sich mit dem Wirken des genialen britischen Mathematikers und Codeknackers Alan Turing befaßt, tauchten am früheren Arbeitsort von Turing, der Government Code and Cipher School in Bletchley Park, diverse Formblätter aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges auf (Online-Magazin MK Web). Dies ist insofern eine Sensation, als diese Papierbögen, die bei der Entzifferung deutscher Funkmeldungen verwendet worden waren, eigentlich um jeden Preis vernichtet werden sollten, um die überaus strikte Geheimhaltung über das Treiben in Bletchley Park zu wahren. Aber offenbar litten die Kryptoanalytiker in der dortigen Baracke Nr. 6 derart unter Zugluft und Kälte, daß sie ihre Befehle ignorierten und die Zettel, auf denen sie die Einstellungen der Enigma-Schlüsselmaschine zu rekonstruieren versuchten, dazu benutzten, um allerlei Löcher im Dach und den Wänden ihrer Behausung zu stopfen. (wk)

www.mkweb.co.uk

 

Erste Sätze

Ach, es war so lange Winter gewesen!

Ottomar Enking: Kantor Liebe. Ein Roman, Berlin 1910

 

Historisches Kalenderblatt

10. März 1985: Einen Tag nach dem Tod des 73jährigen sowjetischen Staats- und Parteichefs Konstantin Tschernenko findet mit der Wahl des 20 Jahre jüngeren Michail S. Gorbatschow als neuem Generalsekretär der KPdSU ein Generationenwechsel statt.

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