© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/15 / 13. März 2015

Korruptionsfall belastet Bauruine
BER: An Berlins Pleiteflughafen in Schönefeld sollen sich Top-Mitarbeiter von Baufirmen zusätzlich zu ihren rekordverdächtigen Gehältern bereichert haben
Ronald Berthold

Gerade erst ist ein zweifelhaftes Jubiläum verstrichen, da erschüttert das Flughafen-Projekt BER südlich Berlins die nächste Hiobsbotschaft: Erneut gedeiht offenbar massive Korruption rund um die riesige Bauruine. Mehr als 1.000 Tage ist die verschobene Eröffnung des Airports her. Niemand weiß, wann dort das erste Flugzeug abheben wird. Und nun gerät auch noch der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses in Verdacht, den neuen Bestechungsskandal vertuscht zu haben.

An den Erfolg des Großflughafens glaubt wohl kaum noch jemand, dafür scheinen immer mehr an sich zu denken. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen geplanter Schmiergeldzahlungen in Höhe von zwei Millionen Euro an einen ehemaligen Baubereichsleiter der Flughafengesellschaft.

Keiner denkt an den Erfolg, dafür um so mehr an sich

200.000 Euro sind offenbar bereits geflossen. Der Mann erhielt bei der Aufhebung seines Vertrages mit BER sogar eine Abfindung. Er steht nun im Visier der Staatsanwälte – genau wie vier weitere Firmenmitarbeiter. Der Vorwurf lautet auf Bestechung und Bestechlichkeit in besonders schwerem Fall.

Im Gegenzug soll der Manager der Firma Imtech und ihrem Partner Caverion ermöglicht haben, daß die Flughafengesellschaft 60 Millionen Euro an sie und eine gemeinsame AG auszahlte. Es handelt sich dabei um Nachtragsrechnungen, also um Forderungen, die ursprünglich nicht veranschlagt waren. Zum Zeitpunkt der Zahlung hatte das BER-Management die Berechtigung auch noch nicht geprüft. Trotzdem gab auch der Aufsichtsrat, dessen Vorsitz viele Jahre Berlins inzwischen zurückgetretener Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) bekleidete, die Millionenbeträge frei.

Der Vorsitzende des BER-Untersuchungsausschusses, Martin Delius von den Piraten, muß sich nun gegen Anwürfe wehren, bereits seit Januar durch einen anonymen Brief davon zu wissen. Dabei tat er nach ersten Medienberichten über die Affäre überrascht. Den Brief hat er inzwischen – an vielen Stellen geschwärzt – online veröffentlicht.

Delius’ Problem: Er warf der Flughafengesellschaft Untätigkeit vor. Das fällt nun auf ihn selbst zurück, denn er hat weder die Flughafengesellschaft noch den eigenen Ausschuß darüber informiert. Erste CDU-Abgeordnete fordern den Rücktritt des „Chefaufklärers“.

Bereits im vergangenen Herbst wurde der ehemalige BER-Technikchef Jochen Großmann zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung und einer Geldbuße von 200.000 Euro verurteilt, weil er Vorteile von rund 500.000 Euro gefordert hatte. Großmann war nur zwei Monate im Amt und sollte die Probleme der Entrauchungsanlage beheben, die für die nun inzwischen fast dreijährige Verzögerung des Eröffnungstermins verantwortlich ist.

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