© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/15 / 13. März 2015

Außer leeren Sprüchen nichts zu bieten
Phoenix: Augstein und Blome – eine öffentlich-rechtliche Pseudodiskussion im Zwielicht
Ronald Berthold

Spiegel TV im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Bei Phoenix spielen jeden Freitag Jakob Augstein und Nikolaus Blome zehn Minuten lang Streitgespräch. Augstein ist Sprecher der Erbengemeinschaft beim Hamburger Nachrichtenmagazin, Blome leitet das Spiegel-Hauptstadtbüro. Auf dem Politikkanal von ARD und ZDF diskutieren Eigentümer und Angestellter miteinander.

In dieser Fremdschäm-Show sind beide im Grunde derselben öffentlich genehmen Meinung. Blome muß als ehemaliger Springer-Mann und leitender Bild-Redakteur aber ein bißchen vom ganz schmalen Weg der Politischen Korrektheit abweichen. Er spielt den Konservativen und befindet sich stets in der Defensive. Augstein, auch Verleger der linken Wochenzeitung Freitag, zieht alles, was ihm rechts erscheint, durch den Dreck, lebt seine Aversionen vor der Kamera aus, hat aber außer leeren Sprüchen inhaltlich und argumentativ nichts zu bieten. Seine Lieblings-Einleitungsfloskel ist: „Mir geht auf die Nerven, daß …“ Der Zuschauer fragt sich, wann ein Argument kommt. Aber er wartet meist vergeblich. Augstein erscheint mit seinen Pöbeleien wie ein linker Stammtischbruder: Große Klappe – nichts dahinter.

Eine Einschätzung, die auch das Publikum zu teilen scheint: Die Einschaltquoten am Tag der Erstausstrahlung (freitags) liegen mit 0,6 und 0,8 Prozent noch unterhalb der niedrigen Werte, die Phoenix sonst holt (2014 durchschnittlich 1,1 Protent). Blome übernimmt die Rolle, die Ausfälle seines Vorgesetzten zu korrigieren, ohne sie zu entlarven. Er wirkt dabei brav und uncool wie ein Klassensprecher, hat wenig eigene Standpunkte und ist von der Angst getrieben, in einen politisch unkorrekten Fettnapf zu treten. Nachdem die Spiegel-Redaktion bei seinem Wechsel von der Bild-Zeitung einen Aufstand gegen den vermeintlichen Rechtsaußen probte, ist Blome ein gebranntes Kind und weiß, daß er sich lediglich auf politischer Bewährung befindet. Er darf zwar arbeiten, aber keine eigenen Akzente setzen. Der Sender sieht das naturgemäß anders. Eine Sendersprecherin teilte auf JF-Anfrage mit: „Die Sendung lebt von den unterschiedlichen Persönlichkeiten und zugespitzten Meinungen.“ Über das Honorar der beiden schweigt Phoenix übrigens.

Die Furcht, doch noch etwas falsch zu machen und eventuell seinem wegen eines islamkritischen Kommentars gefeuerten Ex-Kollegen Nicolaus Fest in die Arbeitslosigkeit zu folgen, ist Blome ins Gesicht geschrieben.

Ende Januar gaben die beiden vor, sich über Pegida zu streiten. Das sah dann so aus, daß sie sich permanent gegenseitig ins Wort fielen, inhaltlich aber ins ähnliche Horn tröteten. Es ging um den damals zurückgetretenen Gründer Lutz Bachmann, den beide nur „Bachmeister“ nannten und das offenbar lustig fanden. Kostprobe: Blome: „Der Typ ist irre.“

Augstein klebt sich derweil ein Hitlerbärtchen an alle möglichen Stellen seines Gesichtes und antwortet wörtlich: „Was mir hier oben (steht), ist, daß jetzt in einer Menge von bürgerlichen Zeitungen – die Frankfurter Allgemeine Zeitung, Die Welt, auch eine sehr, sehr bürgerliche Zeitung –, da gibt es jetzt ganz, ganz viel Verständnis plötzlich für diese Leute, weil man findet, ja, die haben solche Angst vor der Zukunft und den Ausländern, und denen muß man mit dieser Angst helfen.“

Ins Hochdeutsche übersetzt, heißt das, Augstein findet es unerträglich, daß es offenbar minimale Abweichungen von der Einheitsmeinung in den Medien gibt, die da lautet: Pegida-Demonstranten sind Neonazis und Rassisten. Wer aus dem Gleichschritt der deutschen Journalisten ausschert, der bekommt von Augstein sofort seine Abreibung. Blome entgegnet, ihn nerve es, daß Demonstranten und Gegendemonstranten jeweils „Wir sind das Volk“ riefen und sich somit gegenseitig ausschließen: „Ich bin gegen diese Ausschließeritis.“

Das Publikum dürfte auf die Knie gefallen sein

Den Ruf „Wir sind das Volk“ hat wohl nur Blome bei den linken, teilweise gewalttätigen Protestmärschen vernommen. Aber irgendwie muß ja die Sendezeit gefüllt werden. Viel haben die beiden sich nicht zu sagen. Und Fundiertes schon gar nicht. Aber diese Kritik nach beiden Seiten, also auch an die Adresse der Antifaschisten, geht für einen Spiegel-Mann dann wohl doch schon sehr weit und treibt ihm selbst den Schweiß auf die Stirn. Denn Blome schiebt sofort hinterher: „Ich persönlich glaube, daß der Islam und die Muslime in Deutschland dazugehören und schon längst dazugehören.“ Augstein unterbricht ihn und sagt, dafür fliege Blome aus der Jungen Union. Der redet weiter: „Aber es gehören auch die dazu, die damit ein vages, schwerformulierbares Problem haben.“

Das ist nun wirklich ein mutiges Bekenntnis. Der leitende Redakteur eines deutschen Leitmediums sagt, nicht nur der Islam, sondern auch die deutschen „Schwachmaten“, die sich gegen eine Islamisierung wehren, gehörten zu Deutschland. Wie gnädig. Das Fernsehpublikum dürfte vor Rührung und Dankbarkeit auf die Knie gefallen sein. Trotzdem sind die Menschen, die nicht ganz so links wie Augstein ticken, längst ausgebürgert aus der bunten Republik.

Immerhin hat Augstein es sich diesmal verkniffen, in die deutsche Fahne zu schneuzen. Das machte er im Sommer 2012, um zu zeigen, wie sehr ihm das ganze Schwarz-Rot-Gold „auf die Nerven“ geht. Blome lächelte dazu. Es war einer der bisherigen Höhepunkte dieses faktenfreien Unterschichtenfernsehens.

Foto: Studioszene: Seit 2011 simulieren der Verleger und sein Angestellter eine Phoenix-Diskussionssendung

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