© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/15 / 13. März 2015

Frisch gepresst

Völkermord. Das Deutsche Reich war als Verbündeter des Osmanischen Reiches nicht zuletzt durch die Entsendung militärischer Berater in deren Angelegenheiten verstrickt. Für Jürgen Gottschlich, den früheren Türkei-Korrespondenten der taz, schlägt der Genozid an den Armeniern sogar direkt auf das Schuldkonto der Deutschen, denen er deshalb „Nachholbedarf bei der Aufarbeitung“ attestiert. Besonders die Äußerungen des damaligen Marineattachés Hans Humann und die Rolle des preußischen Generals Friedrich Bronsart von Schellendorf, der als Chef des Generalstabs des osmanischen Feldheeres direkte Kontrolle über beteiligte türkische Mordbrenner-Einheiten hatte, lassen für Gottschlich nur ein Urteil zu: Der Tod ist ein Meister aus Deutschland. Dabei kreist die durchaus interessante Darlegung der Vertreibungen und Massaker an den Armeniern immer wieder obsessiv um die Frage, wer was wann wo tat, solange es dabei irgendeine deutsche Beteiligung gab, und sei sie noch so unbedeutend. Dabei gerät ihm beinahe aus dem Blick, wer tatsächlich die treibende Kraft hinter dem Völkermord war. (bä)

Jürgen Gottschlich: Beihilfe zum Völkermord. Deutschlands Rolle bei der Vernichtung der Armenier. Ch. Links Verlag, Berlin 2015, gebunden, 343 Seiten, Abbildungen, 19,90 Euro

 

Deutsche Spuren. Was ist deutsch? Sicherlich deutsch ist es, diese Frage zu stellen. In ihr offenbart sich auch, wie schwer uns die Sache mit der nationalen Identität fällt. „Vielleicht verbindet dieses Völkchen zuallererst seine Unsicherheit“, spekuliert Manuel Möglich. Der 1979 geborene Fernsehreporter hat dies zum Anlaß genommen, weit fort zu reisen, um „sich unserer Heimat aus der Ferne zu nähern“. Dazu macht er sich nicht nur auf die Suche nach deutschen Spuren in China (Tsingtao) oder Samoa, sondern befragt auch Deutsche in Namibia und Rumänien. Manches Klischee oder eigene Vorurteil läßt er sich von seinen Gesprächspartnern demontieren. Zum Beispiel von einem jungen Owambo, der als Kind in die DDR verfrachtet worden war (Mitgliedschaft in der FDJ inklusive) und seit dieser Zeit vom Sozialismus nichts, von den Deutschen jedoch viel hält. Manche historischen Zusammenhänge werden von Möglich arg verkürzt dargestellt, seine persönlichen Wahrnehmungen und Schilderungen aber sind unterhaltsam, zuweilen amüsant und sehr lesenswert. (vo)

Manuel Möglich: Deutschland überall. Eine Suche auf fünf Kontinenten. Rowohlt Verlag, Berlin 2015, gebunden, 283 Seiten, Abbildungen, 19,95 Euro

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