© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/15 / 20. März 2015

Königin Rania. Ihr Thron droht als nächstes dem Islamischen Staat zum Opfer zu fallen
Die Schöne und das Biest
Marc Zöllner

Rania Faisal Yasins Biographie liest sich wie ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht: Als Kind einer armen palästinensischen Flüchtlingsfamilie 1970 in Kuwait geboren, mußte sie das Land in den Wirren des zweiten Golfkriegs 1991 verlassen. Die studierte Ökonomin floh nach Amman, der Hauptstadt Jordaniens, und übernahm eine Stelle im Vertriebsbereich von Apple. Auf einer Dinnerparty lernte sie zwei Jahre später den Kronprinzen und heutigen König Abdullah II. kennen, der sich – so die Erzählung – Hals über Kopf in sie verliebte und sechs Monate später zur Frau nahm.

Auch heute noch versteht es die bildschöne Mittvierzigerin, sich als moderne, weltgewandte Frau in Szene zu setzen. Als „Mutter und Ehefrau mit einem abgefahrenen Beruf“ beschreibt Rania sich selbst. Ihre vier selbst verfaßten Kinderbücher, die außer auf Arabisch unter anderem auch auf englisch, spanisch und japanisch erschienen sind, werden regelmäßig auf den Bestsellerlisten der New York Times geführt. Und selbst im Kampf gegen den Islamischen Staat, der in gleich zwei Nachbarländern wütet und als nächstes gerne Jordanien übernehmen würde, warnt die Königin vor einer alleinigen Gewaltlösung. „Es ist nicht nur eine militärische Schlacht“, so Rania, „man kann Ideologien nicht mit Kugeln töten, sondern nur mit besseren Ideen.“

Dabei hat Königin Rania vor allem ihr eigenes Land im Auge. Denn so stabil, liberal und prosperierend, wie sie Jordanien gern präsentiert, ist es keineswegs. Allein seit der Verbrennung des jordanischen Kampfpiloten Muadh al-Kasasba durch den IS wurden rund neunzig einheimische Sympathisanten der Terrorgruppe verhaftet. Bis zu 2.000 Jordanier sollen sich mittlerweile den islamistischen Milizen in Syrien und Irak angeschlossen haben, etwa 7.000 weitere das islamistische Ungeheuer von innerhalb Jordaniens unterstützen.

Überdies droht das acht Millionen Einwohner zählende Land in einer Flut von Flüchtlingen zu ertrinken. Seit dem dritten Golfkrieg 2003 leben Hunderttausende Iraker in den Städten Jordaniens. Ab 2011 kamen über anderthalb Millionen Syrer hinzu, die sich insbesondere in Flüchtlingslagern niedergelassen haben. Eines von ihnen gilt mittlerweile als viertgrößte inoffizielle Stadt des Landes.

Doch nicht nur dort, auch in Amman gedeiht der Extremimus jeglicher Couleur. Wegen des Bevölkerungswachstums – Jordanien belegt weltweit den vierten Platz – gleiten immer mehr Menschen in die Armut ab. Jeder dritte Jugendliche bis 25 Jahre – die rund sechzig Prozent der Bevölkerung stellen – ist ohne Einkommen. Im Kampf gegen den jordanischen IS, weiß Rania, sind vor allem Reformen nötig. Daß diese auch von ihr seit dem Arabischen Frühling gemieden werden, um die haschemitische Monarchie nicht zu destabilisieren, könnte sich noch als Bumerang erweisen.

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