© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/15 / 20. März 2015

Karikaturisten liefern Schnellschuß ab
Karikaturenband zu „Charlie Hebdo“: Die politisch korrekte Schere im Kopf wirkt schon bei vielen Bildkünstlern
Alexander Bagus

Die „besten Karikaturen und Cartoons gegen Extremismus“ verspricht das schmale Bändchen. Zudem soll ein ganzer Euro von jedem verkauften Exemplar an Charlie Hebdo gehen. Leicht greift da die Hand des potentiellen Käufers zu, der sich für die Meinungsfreiheit engagieren will.

Das Ziel haben die anonymen Herausgeber auch klar festgelegt: Versöhnung soll es sein. Ausgestreckte Hände, „Weltoffenheit und Toleranz“ werden ebenso beschworen wie das – schon kurz darauf als Inszenierung enttarnte – Bild der demonstrierenden Staats- und Regierungschefs.

Der größere Teil der vierzig Karikaturen nimmt die Terroristen selbst ins Visier. Am zweitmeisten wird die eigene Zunft auf die Schippe genommen, unter anderem mit einem weißen Bleistift auf schwarzem Grund, der einen Tropfen Blut abgibt. Daneben stehen politisch korrekte Seitenhiebe, darunter eine Darstellung der „weltoffenen Europäer für Meinungsfreiheit und Toleranz“, für die es keine Abkürzung gebe, womit klar auf den Dresdner Verein Pegida gezielt wird.

In einem anderen Fall erklärt ein älteres deutsches Mütterchen einer gewissen Frau Özgül, daß sie nicht wisse, ob sie deren Schild „Je suis Charlie“ als Distanzierung durchgehen lassen könne. Nur im Falle zweier Bilder hatten die Herausgeber den Mut, Mohammed oder gar Allah mit in der Sammlung auftauchen zu lassen.

Kurz gesagt: Wenn das wirklich die beste Auswahl an Karikaturen zu den Pariser Anschlägen ist, dann hat die Karikaturistenzunft fast durchgängig mit stumpfer Mine gezeichnet.

Je suis Charlie. Autor unbekannt, Riva-Verlag, 48 Seiten, gebunden, München 2015, 8,99 Euro

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