© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/15 / 20. März 2015

Fachkräftewanderungen innerhalb der EU: Onkel Doktor zieht‘s nach Deutschland
Ärzteschwund auf dem Balkan
(dg)

Gebetsmühlenartig wird die bundesdeutsche Einwanderungspolitik mit dem „Fachkräftemangel“ begründet. Tatsächlich strömen aus Afrika und Vorderasien aber kaum Fachkräfte herbei, sondern eher Nachschub für den Billig-lohnsektor. Wo hingegen wirklich Fachpersonal dem Ruf aus Deutschland folgt, gefährdet deren Abzug die Entwicklung ihrer Heimatländer. So leiden mittlerweile alle, überdies von der EU-Finanzkise schwer gebeutelte Balkanstaaten unter steigenden Abwanderungswellen im Gesundheitssektor. Bereits 2012 zogen nach einer Statistik des bulgarischen Ärzteverbandes mehr Ärzte ins Ausland als im selben Jahr eine Approbation erhielten. Die Bundesärztekammer registrierte allein von 2012 (32.000) bis 2013 (35.800) eine Zunahme ausländischer Ärzte auf 10,8 Prozent, wobei Rumänen mit 18,7 Prozent die Rangliste anführten. In rumänischen Krankenhäusern herrschen daher heute „katastrophale Zustände“ (Deutsches Ärzteblatt, 8/2015). Um Zugang zur Behandlung zu bekommen, müssen Patienten Medikamente entweder mitbringen oder gegen Barzahlung erwerben. Wie im Teufelskreis motiviere ein derart marodes System junge Mediziner, bankrotte Krankenhäuser, niedrige Gehälter, korrupte Verwaltungen und vormoderne Apparaturen hinter sich zu lassen und vornehmlich im deutschsprachigen Raum ihr gutbezahltes Glück zu suchen.

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