© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/15 / 27. März 2015

Entfesselte Gewalt
Linksextremismus: Nach den bürgerkriegsähnlichen Ausschreitungen in Frankfurt am Main geraten die Veranstalter und die Linkspartei unter Druck
Christian Schreiber

Die Bilanz nach den Ausschreitungen bei einer Kundgebung des Aktionsbündnisses Blockupy vor dem neuen Gebäude der Europäischen Zentralbank (EZB) ist verheerend: 150 verletzte Polizisten, 200 geschädigte Demonstranten, Sachschäden, die in die Millionenhöhe gehen. Und sie hat auch eine politische Dimension. Den einer der Organisatoren heißt Ulrich Wilken, sitzt für die Linkspartei im Hessischen Landtag und begleitet dort sogar das Amt des Vizepräsidenten. Der Frankfurter CDU-Vorsitzende Uwe Becker schrieb der Linkspartei daher eine Mitverantwortung für die Gewaltausbrüche zu. Er forderte Wilken auf, sein Amt als Vizepräsident des Landtages abzugeben und sein Mandat niederzulegen. Becker forderte in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zudem, dass „Wilken und Konsorten“ für die Schäden in der Stadt haften.

Ein Blick auf die Hintermänner von Blockupy verdeutlicht, wie fließend die Grenzen zwischen Politik und Linksextremismus sind. Mehr als 90 Organisationen gehören dem antikapitalistischen Bündnis an, das aus der Occupy-Bewegung entstanden ist. Zu den Beteiligten gehören unter anderem die Globalisierungskritiker Attac, die Gewerkschaft Verdi, aber auch gewaltbereite Antifa-Gruppen und eben die Linkspartei.

Gewerkschaft fordert Grenzkontrollen

Blockupy hatte zu einer friedlichen Demonstration anläßlich der Eröffnung des EZB-Gebäudes aufgerufen. Doch die Lage geriet außer Kontrolle. „Diese Ausschreitungen waren vorbereitet, organisiert und gesteuert und keinesfalls spontan“, sagte der Frankfurter Polizeipräsident Gerhard Bereswill der Nachrichtenagentur dpa. Etwa 4.000 Straftäter hätten am Mittwoch morgen rund um die EZB „hemmungslos agiert“ – mit einer Gewalt, „die es in Frankfurt seit Jahrzehnten nicht gegeben hat“.

Die Veranstalter wiesen die Verantwortung für die Eskalation von sich und kündigten weitere Proteste an. „Wir begreifen die hohe Teilnehmerzahl an der Demo als eine Ermutigung und einen Auftrag weiterzumachen“, sagt Blockupy-Sprecher Frederic Wester. „Der Widerstand geht weiter. Ob in Frankfurt, Brüssel oder Berlin, muß noch beraten werden.“ In Zusammenhang mit dem G7-Gipfel im bayerischen Elmau werde es auf jeden Fall Proteste geben. Dieser findet Anfang Juni statt. Bereits im April treffen sich die Außenminister der sieben führenden Industrienationen in Lübeck. Politiker der Großen Koalition äußerten ihre Befürchtung, es könne dabei zu neuerlich Gewaltexzessen kommen. Die Deutsche Polizeigewerkschaft schlug vorrübergehende Grenzkontrollen zum G7-Gipfel vor. Das sei eine Möglichkeit, gewaltbereite Demonstranten an der Einreise nach Deutschland zu hindern, sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft, Rainer Wendt, SWR-Info. Denn unter den 20.000 Demonstranten waren auffallend viele Ausländer, größere Personengruppen seien aus Italien und Spanien angereist, wo die Proteste gegen die Finanzpolitik der EU sehr Jahren sehr massiv sind.

Der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) äußerte sich entsetzt über diese Form des Gewalt-Tourismus. „Das paßt nicht zu der Stadt. Ich war sehr wütend auf diese angereisten Chaoten, die Gewalt-Touristen, die in unsere Stadt eingefallen sind, Autos angezündet und die Bevölkerung verschreckt haben.“ Das sei ein Imageschaden für die Stadt, aber auch für das Anliegen der friedlichen Kritiker der Finanzwirtschaft.

Im Bundestag kam es bei der Aufarbeitung der Ausschreitungen zu einem verbalen Schlagabtausch zwischen Regierung und Opposition: „Ich erwarte hier und heute von den Linken eine klare und unmißverständliche Distanzierung dieser Gewalt und jeder Verharmlosung ohne jede Hintertür“, forderte Innenminister Thomas de Maizière (CDU). Auch vom Koalitionspartner SPD kam Kritik. Johannes Kahrs, Sprecher des rechten Parteiflügels, sprach von „irgendwelchen irren Vollpfosten“. Dies seien keine Menschen, die inhaltlich ernst genommen werden sollte. „Diese Menschen sind einfach nur ein Fall für die Justiz.“

Seitens der CSU kam es zu deutlicher Kritik an Familienministerin Manuela Schwesig (SPD), die die sogenannte „Extremismusklausel“ gekippt hatte. Diese sah vor, daß Verbände und Gruppierungen, die Steuergelder erhalten, sich zum Grundgesetz bekennen müssen. Zudem hatte Schwesig Projekte gegen Linksextremismus gestoppt und erklärt, von Antifaschisten gehe keine Gefahr aus.

„Die beinahe bürgerkriegs-ähnlichen Ausschreitungen der linken Blockupy-Extremisten legen die verfehlte Extremismuspolitik der Bundesfamilienministerin offen. Sie ist auf dem linken Auge blind“, sagte der Fraktionschef im Bayerischen Landtag, Thomas Kreuzer. Die Linkspartei übernahm übrigens keine Verantwortung. „Der Großteil der Menschen wollte gewaltfrei gegen Austerität in Europa demonstrieren. Gewalt hat nicht zum Plan des Bündnissea gehört“, redete sich die Parteivorsitzende Katja

Kipping heraus.

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