© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/15 / 27. März 2015

Deutsche Managergehälter legen um neun Prozent zu
Schamlos
Jörg Fischer

Ich verstehe sehr gut, wenn Menschen über manche Gehälter, die völlig aus dem Rahmen fallen, nur noch den Kopf schütteln können und wollen, daß das aufhört“, dozierte Angela Merkel vor zwei Jahren in der Chemnitzer Freien Presse. Damals standen Bundestagswahlen an und zuvor hatten zwei Drittel der Schweizer für die Volksinitiative „gegen die Abzockerei“ votiert – obwohl Wirtschaft und Parteien mit einem Millionenaufwand dagegen agitierten. Die Abwanderung von Konzernen blieb aus und die „Verordnung gegen übermäßige Vergütungen bei börsennotierten Aktiengesellschaften“ gilt seit diesem Jahr in der Schweiz.

Die 2013 von der Kanzlerin präferierte Regelung, daß nicht allein Aufsichtsräte, sondern auch Aktionärsversammlungen die Managergehälter festlegen können, verlief hingegen im Sande. Und daher überrascht es nicht, daß voriges Jahr bei den Vorstandsvergütungen der Dax-Konzerne erneut der Euro rollte: Die Auszahlungen stiegen im Schnitt um neun Prozent auf 5,3 Millionen Euro. Spitzenreiter blieb mit 15,6 Millionen Euro VW-Chef Martin Winterkorn, der damit sogar über dem mittleren Salär von 13,2 Millionen Euro im Dow-Jones-Index der USA lag. 12,7 Milliarden Euro VW-Gewinn mögen Winterkorns Vergütung rechtfertigen, daß aber Niedersachsen (mit einem Fünftel der VW-Stimmrechte) und Gewerkschafter dem zustimmten, zeigt, was von Funktionärsreden über „Maßlosigkeit“ zu halten ist.

Viel schamloser erscheinen aber jene 2,67 Millionen Euro, die Commerzbank-Chef Martin Blessing erhält. Das kriselnde Finanzinstitut wies 2014 nur einen Gewinn von 264 Millionen Euro aus – angesichts dessen hätten Winterkorn umgerechnet mindestens 128 Millionen Euro „zugestanden“. Ach ja, die 2009 notverstaatlichte Bank gehört weiter zu 17,15 Prozent dem Bund.

Towers-Watson-Studie „Vorstandsvergütung im Dax 2014“: www.towerswatson.com/

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