© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/15 / 27. März 2015

Tierquälerei auf sechs Etagen
„Schweinehochhaus“ in Sachsen-Anhalt: Früheres DDR-Prestigeobjekt verlagert Tierzucht in Industriegebäude
Heiko Urbanzyk

Industrielle Ferkelproduktion, engste Käfighaltung für Sauen, Schläge und Tritte für die Tiere beim Transport: Das Deutsche Tierschutzbüro e. V. konnte das berühmt-berüchtigte „Schweinehochhaus“ ausfindig machen und deckte Zustände auf, die Verbrauchern Lust auf Fleisch verderben.

Der Gründer und Vorstand des Tierschutzbüros, Jan Pfeifer, war in dem räudigen, sechsstöckigen Industriebau aus DDR-Zeiten dabei. Fotos dokumentieren: Die Schweine hausen in viel zu engen Gitterboxen, die nicht einmal Platz zum Umdrehen lassen. Einige Tiere scheinen Ekzeme aufzuweisen. Auf anderen Bildern ist zu sehen, wie bei der Ferkelverladung gestürzte Tiere augenscheinlich getreten und beim Hineintreiben in den Viehtransporter mit einem Paddel auf den Kopf geschlagen wurden.

„Das Deutsche Tierschutzbüro hat nun Anzeige gegen den verantwortlichen niederländischen Geschäftsführer des Schweinehochhauses erstattet, denn gemäß der Tierschutztransportverordnung ist es eindeutig verboten, Tiere zu schlagen oder zu treten“, teilt der Verein mit. Die Tierschützer seien von dem Verhalten der Treiber nicht überrascht gewesen. Wo Tiere nur noch als Produktionsfaktor betrachtet würden, verschwinde der Respekt vor dem Leben.

Die JSR Hybrid Deutschland GmbH betreibt den ungewöhnlichen Schweinestall. Bereits Ende 2014 widersprach deren Geschäftsführer, Michiel Taken, in der Mitteldeutschen Zeitung den Vorwürfen der Tierschützer. Diese hätten durch ihr Verhalten bei der Ferkelverladung selbst zu der unruhigen Situation beigetragen. Die Tierindustriegegner hätten das Verladen filmen dürfen, dabei jedoch die Ferkel erschreckt, so daß diese in die falsche Richtung laufen wollten.

Einpferchung mit kurzen Wegen spart Personalkosten

Das Schweinehochhaus steht in Maasdorf im Landkreis Anhalt-Bitterfeld und beherbergt 500 Sauen, die der reinen Ferkelvermehrung dienen. Der Betrieb galt laut Tierschutzbüro als Mythos: „Monatelang hat unser Rechercheteam danach gesucht.“

In den sechziger Jahren errichtete die DDR den Zuchtbetrieb mit Hilfe der Sowjetunion als Prestigeobjekt – damals modernste Haltung unter Hammer und Zirkel. Durch die „kompakte“ Einpferchung der Tiere mit kurzen Wegen wurden vor allem Personalkosten gespart. Die seuchenhygienische Kontrolle in dem Gebäude soll sehr vorteilhaft sein.

Landwirtschaft in Wolkenkratzern („Skyfarming“) an den Rändern der wachsenden Megametropolen in Indien und Saudi-Arabien ist mittlerweile ein gewinnträchtiges Erfolgsmodell und gilt als zukunftsweisend. Der Erhalt des Schweinehochhauses bis ins 21. Jahrhundert scheint zumindest dieser sozialistischen Vision samt ihrer lebensverachtenden Tendenzen recht zu geben.

www.tierschutzbuero.de/

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