© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  15/15 / 03. April 2015

Debatte um Haftstrafe für Holocaust-Leugnung
Es geht nicht um Moral
Thorsten Hinz

Der frühere Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) hat in einem Interview für das Magazin der Wochenzeitung Die Zeit dafür plädiert, den Straftatbestand der Holocaust-Leugnung zu überdenken. Anlaß ist der Fall des 79jährigen Rechtsanwalts Horst Mahler, mit dem Schily früher – zu Zeiten der 68er-Bewegung – befreundet war und den er Anfang der siebziger Jahre vor Gericht vertreten hatte. Der frühere Linksextremist Mahler sitzt seit sechs Jahren wegen Volksverhetzung im Gefängnis. Er bestreitet konsequent und wiederholt den Holocaust, den Massenmord an den europäischen Juden. Seine aus mehreren Prozessen summierte Gesamtstrafe beträgt mittlerweile zwölf Jahre.

Schily nennt Mahlers Einlassungen „abscheulich, moralisch verwerflich, grotesk und töricht“, seine Inhaftierung aber „unsinnig“. Das ist sie, doch vor allem ist sie fatal. Denn sie läßt eine groteske Gesinnung als ein Vergehen erscheinen, das schlimmer ist als ein Totschlag.

Die Opfer des Holocaust haben Mahlers Bestrafung nicht nötig, weil sie über seine Behauptungen turmhoch erhaben sind. Es gibt übrigens Leute, die den verbrecherischen Charakter der Vertreibung bestreiten oder die öffentlich die Wiederkehr von „Bomber-Harris“ fordern, ohne deswegen der Strafbarkeit zu unterliegen. Es geht beim Volksverhetzungsdelikt eben nicht um Menschenwürde und Moral, sondern um die Demonstration von Macht. Deshalb hat Otto Schily recht.

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