© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  15/15 / 03. April 2015

Simon Jacob kämpft für die Selbstbehauptung des Christentums im Orient
Stimme der Ostchristen
Nora Mangold

Steht das Christentum im Orient vor dem Untergang? Die Anzeichen nehmen drastisch zu. „Die Welt schaut zu, wie das Christentum seine Wurzeln verliert!“ Simon Jacob spart nicht mit deutlichen Worten, wenn es um die Lage im Nahen und Mittleren Osten geht, wo Hunderttausende Christen und Jesiden vor die Wahl gestellt sind, zum Islam zu konvertieren oder zu flüchten. Frauen werden verschleppt und vergewaltigt, ihre Männer gefoltert und ermordet. „Allein aus der irakischen Ninive-Ebene sind zuletzt 160.000 Christen geflohen“, berichtet der Mittdreißiger, der den Zentralrat Orientalischer Christen in Deutschland (ZOCD) leitet.

Immer wieder reist Jacob verdeckt in die Krisenregionen, um sich ein Bild von der dramatischen Lage zu machen und um Hilfe zu organisieren. Zuletzt kam er im Irak bis auf 35 Kilometer an das vom Islamischen Staat besetzte Mossul heran, „näher ging nicht, sonst hätte mich der Herr Bundespräsident wieder freikaufen müssen“, wie er auf einer Konferenz in Schloß Bellevue bitter witzelte.

Mit zwei Jahren kam der 1978 in Anatolien geborene Aramäer nach Deutschland. Heute lebt der smarte, gutaussehende Angestellte eines Marktforschungsunternehmens, der einige Jahre eine eigene IT-Firma leitete, sicher in München. Doch als erkennbar wurde, daß der Arabische Frühling für die Christen im Orient kein gutes Ende nehmen würde, entschloß er sich 2013, mit Glaubensbrüdern den ZOCD zu gründen.

Anders als etwa beim Zentralrat der Juden oder Muslime steht im Mittelpunkt aber nicht die Wahrnehmung der Interessen der eigenen Mitglieder, denn „wir sind bereits hervorragend integriert“, wie Jacob betont, sondern hierzulande auf die tödliche Gefahr aufmerksam zu machen, in der die Brüder und Schwestern im Orient schweben. Wer mit Jacob spricht, merkt ihm die persönliche Bedrückung an, denn wie alle Orientalen sind auch die Ostchristen in Familienverbänden organisiert, und auch zahlreiche Clan-Verwandte Jacobs im Nahen Osten sind in Gefahr.

Hinter dem ZOCD stehen hierzulande etwa 200.000 Orientchristen, vor allem Syrisch-Orthodoxe, die etwa die Hälfte ausmachen. Die übrigen verteilen sich auf die koptische, armenische, assyrische und weitere Kirchen. Tatsächlich aber hat der Verband erst einige hundert Mitglieder, vor allem Leitungspersonal der ostkirchlichen Gemeinden in Deutschland, so daß die Reichweite des ZOCD die Zahl seiner Mitglieder allerdings weit übertrifft.

Der Glaube verbiete es, „offensiv zur Waffe zu greifen“, so Jacob, „wir Christen können uns aber nicht länger wie Lämmer zur Schlachtbank führen lassen!“ Wenigstens, fordert der ZOCD, solle sich Deutschland für die Errichtung einer UN-Schutzzone für die Ostchristen und andere Minderheiten dort einsetzen.

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