© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  15/15 / 03. April 2015

Grüße aus Moskau
Putins Moschee
Thomas Fasbender

Im Februar hat der Vereinigte Islamische Russische Kongreß den Moskauer Bürgermeister um die Erlaubnis zum Bau einer Putin-Moschee gebeten. Der Wunsch macht Sinn – denn für mindestens eineinhalb Millionen Moskauer Muslime existieren gerade ergibt sechs Moscheen. Die größte – noch vor den Neubauten in Grosny und Kasan – wird zum Opferfest anläßlich des Haddsch im September fertiggestellt. Zehntausend Gläubigen bietet sie Platz.

Gehört der Islam zu Rußland? Kaum ein Moskowiter versteht, daß man in Deutschland mit solchen Fragen seine Zeit vertut. Der Islam war schließlich immer da – im Nordkaukasus und an der Wolga lange schon vor dem Christentum. Unter den Kommunisten war das sowieso kein Thema; Glaube war Opium fürs Volk, und das Volk war auf Entzug gesetzt.

Das ist heute anders, nur in einem hat sich nichts geändert: Wer jung ist, verliebt sich mitunter über alle Grenzen hinweg, dann wird geheiratet. Christen, Muslime oder was immer sind einander Schwiegermutter und Schwiegertochter, Schwiegervater und Schwiegersohn – oder auch Nachbar, Mitarbeiter, Vorgesetzter.

Rußlands Muslime hoffen ganz altmodisch auf gute Zusammenarbeit.

Immer gibt es welche, denen das mißfällt. Bisweilen aus Kalkül, zumeist aus Angst – das „Anderssein“ der anderen gilt als bedrohlich. Wenn sie nichts Böses im Schilde führen, warum sind sie nicht wie wir? Und so begleiten Pogrome das Menschengeschlecht, Gewalt gegen Hutus, Tutsis, Juden, Schiiten, Sunniten, Christen – Grom ist das russische Wort für Donner.

Postmoderne Gender-Ingenieure glauben vielleicht, mit der Machtübernahme der Frau habe das alles ein Ende. Hoffen wir also, daß der IS die Damen nicht zuvor wieder aus dem Sattel wirft. Sei’s drum. Rußlands Muslime hoffen derweil – ganz altmodisch – auf gute Zusammenarbeit mit denen, die heute schon oben sind.

Also eine Putin-Moschee. Es ist schon so: Die Muslime haben allen Grund, dem Mann eine lange Regentschaft zu wünschen. Von seinen potentiellen Nachfolgern auf der politischen Rechten haben sie kaum Gutes zu erwarten. Und die liberale, demokratische Opposition hat nur noch in den Augen westlicher Korrespondenten eine Chance. Putin wird der letzte russische Präsident gewesen sein, der sowjetisch sozialisiert wurde: modern, fast westlich. Auf dem Weg zum Kommunismus waren Glaube und Nationalität nur noch Folklore. Die Zeiten sind nun auch vorbei. Willkommen in der Wirklichkeit.

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