© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  15/15 / 03. April 2015

Dorn im Auge
Christian Dorn

Zahlen, bitte! Während der Deutschlandfunk meldet, Griechenland habe die Frist zur Vorlage konkreter Sparmaßnahmen verstreichen lassen, weshalb der Bankrott der Hellenen immer wahrscheinlicher werde, erscheinen vor meinem inneren Auge die jüngsten Ausläufer der Währungsfront im Café um die Ecke. Da sind im letzten Spätsommer die vier jungen Griechinnen am Nachbartisch, mit denen nur auf englisch zu kommunizieren ist. Daß sie womöglich mit dem falschen Geld unterwegs sind, liegt jenseits ihrer Vorstellungswelt. Das einzige, was für sie klar ist, ist der zunehmende Unfrieden, den Deutschland verursache, weil es alle beherrschen wolle. Meinen Gedanken, daß dieses Land schon seit Jahren für die vier gezahlt hat, behalte ich dann doch für mich. Unbefriedigt bleibe ich zurück, als hätte ich gegenüber der Wirklichkeit versagt.

Aufgeklärter erscheint da der Zuwanderer am Nachbartisch, offenbar aus Osteuropa kommend. Gegenüber seinem Gesprächspartner erklärt er in sehr gutem Deutsch: „Deutsch ist: sich absichern, russisch ist: sich gar nicht absichern.“ Diese Erkenntnis – hier geäußert – ist natürlich der Friedenswährung Euro zu verdanken, denn der junge Osteuropäer erklärt seinem Gastgeber: „Ich wollte eigentlich nach Griechenland.“

Die beiden Mittvierziger mit intellektuellem Habitus tauschen in dem Café am Wochenende regelmäßig offiziöse Nachrichten aus. So fragt der eine nach der Griechenlandwahl, bemüht das Wahlergebnis einzuordnen: „Ach so, und Pasok, das sind die Faschisten!?“ Sein Gegenüber berichtigt. Beruhigt sind die beiden aber erst eine Woche später. Da beginnt ihr Gespräch mit der Feststellung: „Na, heute haben sie es ja abgeschickt.“ Hörbar ist der erleichterte Seufzer beider, weil die griechische Regierung nun endlich ein Hilfeersuchen an die EU für die weitere Staatsfinanzierung gerichtet hat. Es ist ein geradezu kindliches Vertrauen der beiden in die EU-Politik.

Bei einer Vernissage komme ich mit einem politisch-korrekten Protagonisten der ZDF-Satiresendung „Heute-Show“ ins Gespräch. Ja klar, gibt mir der Schauspieler zu, sei das mit Griechenland damals ein Fehler gewesen. Die Lösung könne jetzt aber nur noch mehr Europa sein.

Ein deutsch-griechisches Paar, das Hand in Hand an der Gethsemanekirche vorbeischlendert. Der Grieche erklärt seiner deutschen Partnerin die ganze Komplexität der Euro-Krise in einem Satz: „Das ist das Problem: Die geben nur den griechischen Banken das Geld.“

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