© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  15/15 / 03. April 2015

Ukraine-Konflikt spaltet Osteuropa-Forschung: Sprachlosigkeit der Fachleute
Vor der größten Herausforderung versagt
(ob)

Der Ukraine-Konflikt spaltet seit Monaten den kleinen Kreis der deutschen Osteuropa-Forscher. Bis heute wirkt ein ausdrücklich als „Polemik“ untertitelter Angriff nach, den im Herbst 2014 Anna Veronika Wendland (Herder-Institut Marburg) im Fachorgan Osteuropa (Heft 9-10) veröffentlichte. In einem Rundumschlag, der sich wie ein Pressetext aus dem Nato-Hauptquartier liest, wütet Wendland gegen Kollegen, die sich für die „Renaissance des geopolitischen Fatalismus“ stark gemacht hätten, aber auch gegen die Sprachlosigkeit der Fachleute, die der „Deutungshoheit selbsternannter Experten“ das Feld überließen. Daher hätten, angesichts ihrer „größten Herausforderung, die deutschen Osteuropa-Experten versagt“. Was freilich nicht der Fall gewesen wäre, wenn sie sich rechtzeitig auf Wendlands Schwarz-Weiß-Muster eingelassen hätten, um den Konflikt zu kommentieren. Demnach führe die Atommacht Rußland derzeit in Europa einen Krieg gegen die Ukraine, die nach einer „Bürgerrevolte“ instabil und verwundbar sei. Vor allem ihren Berliner Kollegen, den Stalinismus-Fachmann Jörg Baberowski, der kein Ukraine-Kenner sei, bezichtigt sie, mit prorussisch interpretierbaren Einlassungen die schlimmsten Geschichtsklitterungen der linksextremen Publizistik der „Putin-Versteher“ zumindest gestützt zu haben.

www.osteuropa.dgo-online.org

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