© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  16/15 / 10. April 2015

Knapp daneben
„Burger für die Welt“ am Ende?
Karl Heinzen

McDonald’s steckt in der Krise. In Deutschland sind die Umsätze gesunken. Weltweit brach der Gewinn 2014 um 20 Prozent ein. Das Management ist verunsichert. Es hat das Gefühl, daß das einst strahlende Image des Konzerns nachhaltig beschädigt ist. In seiner Panik, die Marke neu erfinden zu müssen, scheint es gewillt, bislang heilige Prinzipien aufzugeben. Dies geht so weit, daß ernsthaft geplant wird, die Kunden am Tisch zu bedienen und ihnen nicht länger die Speisen an der Theke auszuhändigen. Diese Kulturrevolution wurde bereits in Frankreich getestet. Allerdings ist dort die bizarre Sitte, viel Zeit des allzu kurzen Lebens für so etwas Triviales wie die Nahrungsaufnahme zu opfern, weit verbreitet.

Nun soll das Modell auf die Schweiz und Deutschland übertragen werden. Was so aussieht, als wolle man mehr Service bieten, könnte auch das Eingeständnis sein, die Produktionsabläufe nicht mehr zu beherrschen.

Wann immer das Filialnetz ausgedehnt wurde, wußten die Menschen: Jetzt ist auch hier die Freiheit da.

Das Angebot ist so vielfältig und komplex geworden, daß das Warten in der Schlange oft quälend lang wird und es den Mitarbeitern nicht mehr gelingt, die bestellten Waren verzugslos aufs Tablett zu legen. Niemand müßte sich sorgen, wenn es nur um ein betriebswirtschaftliches Modell ginge. McDonald’s aber ist mehr, die Marke steht für einen Lebensstil und die Grundwerte der demokratischen Konsumgesellschaft des Westens. Wann immer das Unternehmen ein neues Land in sein Filialnetz eingliedern konnte, wußten die Menschen: Jetzt ist auch hier die Freiheit angekommen. „Burger für die Welt“ war das Heilsversprechen des goldenen „M“ an die Massen: Auch Menschen mit wenig Geld sollten sich solide ernähren können. Warum aber droht diese humanitäre Mission an ihr Ende gekommen sein, wo die Armut doch eher zunimmt? Die Antwort ist einfach: Mit Massenkonsum läßt sich kein Geld verdienen. Wirklich lukrativ ist es nur, Luxusgüter für den Bedarf der Reichen anzubieten. Der erste zaghafte Schritt in diese Richtung ist unternommen: Bald werden Menschen, die es sich leisten können, bei McLuxury in gediegenem Ambiente zwischen erlesenen Menüs auswählen dürfen.

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