© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/15 / 17. April 2015

Jünger und weiblicher
Die Imkerei erlebt einen neuen Frühling / Sinkende Zahl an Bienenvölkern pro Imker
Heiko Urbanzyk

Die letzten Wochen bescherten Deutschland einige warme Sonnentage, und wer sich in der Natur aufhielt, sah die ersten Bienen an Blumen und Wasserquellen fliegen. Nicht nur die Bienen erleben dieser Tage den Frühling, sondern auch die Imkerei als Steckenpferd. Noch bis vor wenigen Jahren sah es so aus, als würde mit dem demographischen Dahinsiechen der Deutschen das Imkern ebenso aussterben.

Im Zeitraum der Jahre 2007 bis 2012 war der typische deutsche Imker zwischen 71 und 80 Jahren alt. Imker zwischen 50 und 80 Jahren hielten bis dahin 56 Prozent aller Bienenvölker, wie Reinhard Mantau seinerzeit in Ausgabe 2/13 des Deutschen Bienen-Journals schrieb. Die 71- bis 80jährigen Imker hielten alleine 26 Prozent der Bienenvölker. Ihr Sterben hätte ebenso das Ende ihrer Bienenvölker bedeutet. Die ökologischen Folgen wären kaum schätzbar, aber nicht weniger als katastrophal. Die Bestäubungsleistung der Bienen auf Obstblüten aller Art kann niemand sonst übernehmen. Ihr wirtschaftlicher Wert liegt allerdings bei jährlich lediglich zwei Milliarden Euro.

Doch der Deutsche Imkerbund (DIB) zeigt sich zuversichtlich: Seit dem Jahr 2012 verjüngte sich der Kern der Imkerschaft auf 40 bis 60 Lebensjahre. „Imker sind im Schnitt 56,3 Jahre alt“, verrät Petra Friedrich vom DIB-Pressedienst auf Anfrage der jungen freiheit die allerneusten Zahlen. Dies sei eine sehr deutliche Trendwende. Neben der Verjüngung finde zur Zeit eine Verweiblichung der Imkerei statt.

Nur 20 Prozent des Honigs kommt aus Deutschland

„Früher waren die Frauen für das Honigabfüllen und den Verkauf da. Heute bewirtschaften sie ganz selbstverständlich die Bienenvölker selbst“, erzählt Friedrich. Die Frau als Imker – der Trend kommt aus den urbanen Regionen, in denen junge Menschen die Bienen als stadtnahe Möglichkeit der Landwirtschaft entdeckten. Im Jahr 2006 seien unter den Imkern nur sechs Prozent weiblich gewesen, heute bereits 15 Prozent. „Spitzenreiter sind die Städte“, verrät Friedrich. In Hamburg und Berlin sind knapp 30 Prozent der Bienenhalter Frauen.

Die neuen Imker werden oft durch den Willen, etwas ökologisch Sinnvolles zu tun und mit der Natur zu arbeiten, angezogen. „Die Honigernte und der Vertrieb des Honigs werden eher als lästiges Übel empfunden“, beschreibt Friedrich einen ebenso überraschenden Wandel unter den Imkern. Dabei bleibt sicherlich kein Imker auf seinem Honig sitzen, denn strenggenommen handelt es sich um eine seltene Delikatesse: Nur 20 Prozent des Honigbedarfs können aus heimischer Produktion gedeckt werden. Der Rest wird meist aus Südamerika oder Osteuropa importiert und steht dem deutschen Honig qualitativ hintan.

Wer ein Durchschnittsalter von rund 56 Jahren immer noch nicht sehr zukunftsweisend findet, wird vom DIB beruhigt: „Imker in Deutschland waren noch nie junge Leute. Wir liegen gut im Schnitt verglichen mit den letzten 20, 30 Jahren“, betont Friedrich. Vielleicht ist der gesetzte, aber dafür stabile Altersschnitt sinnvoll. Die Verjüngung der Imkerei bringt eine sinkende Zahl an Bienenvölkern pro Imker mit sich.

2007 waren es noch acht Völker pro Imker; aktuell sind es nur sechs. Friedrich hofft, daß die nun aktiv werdenden Vorruheständler nach dem Berufsleben noch mehr Völkern ihre Zeit widmen werden. Noch jüngere Imker würden vermutlich noch weniger Völker halten. In den Landesvorständen mache sich laut Friedrich beispielsweise bemerkbar, daß die starke Verjüngung aufgrund der Berufstätigkeit der Vorständler die Verbandsarbeit erschwert.

Obwohl einige der Imkervereine derzeit gar nicht alle Interessenten aufnehmen können, erlebte die Imkerei hierzulande schon bessere Zeiten. 1951 hielten über 180.000 Imker mehr als zwei Millionen Bienenvölker. Heute halten nur noch rund 97.000 Imker 675.000 Völker. „Es gibt zu wenige Völker in Deutschland, aber die heutige Landwirtschaft bietet keine besseren Rahmenbedingungen für mehr Bienen“, klagt Friedrich über Maiswüsten, blumenkastrierte Felder und fehlende Blühwiesen.

Bienenkrankheiten

und Umweltschäden

Der Deutsche Berufs- und Erwerbs-imkerbund (DBIB) sorgt sich ebenfalls: „Der Rückgang der Imkerei ist immer noch nicht gestoppt und Kleinstimkerei kann keine flächendeckende, stabile Bienenhaltung und damit Pflanzenbestäubung garantieren.“ Der Honigmarkt sei enormen Veränderungen unterworfen: „Die Ertragslage hält mit der übrigen Wirtschaftsentwicklung nicht mit. Bienenkrankheiten und Umwelteinflüsse bedrohen immer mehr die Bienenhaltung. Administrative Gängelung erschwert zunehmend das unternehmerische Handeln“, warnt der DBIB.

Für Miesmacherei sind Petra Friedrich und der 1907 gegründete DIB trotzdem nicht zu haben. Im Gegenteil, es ärgert Friedrich, daß die Medien sich einzig auf die Hiobsbotschaft stürzen, daß als Bilanz dieses Winters 30 Prozent Völkerverluste erwartet werden – und in der Folge die Frühjahrsernte des ohnehin raren Honigs noch schwächer ausfallen werde. Was denn ein gutes Schlußwort über die Zukunft der Imkerei wäre, möchte die JF vom Deutschen Imkerbund wissen: „Wir sind sehr zuversichtlich!“

Deutscher Imkerbund (DIB): www.deutscherimkerbund.de

Deutscher Berufs- und Erwerbsimkerbund: www.deutscherimkerbund.de

Foto: Imkerin bei der Arbeit: „Die Kleinstimkerei kann keine flächendeckende, stabile Bienenhaltung und damit Pflanzenbestäubung garantieren“