© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/15 / 17. April 2015

Du, ich trau mich nicht ...
Was will das Weib? In Berlin hilft eine Schule für schüchterne Männer dem starken Geschlecht auf die Sprünge
Ansgar lange

Rote Lippen soll man küssen, denn zum Küssen sind sie da“ – im Schlager von Cliff Richard klingt es noch ganz einfach. Doch was soll „Mann“ tun, wenn ihm angesichts solch verführerisch vorgewölbter roter Pracht der kalte Schweiß ausbricht, die Stimme stockt und das Herz Purzelbäume schlägt? Er könnte sich an Sarah, Jane und Wanda wenden. Die drei Grazien firmieren nämlich als Mentorinnen der Schule für schüchterne Männer (SfsM), die – wo denn auch sonst – in Berlin zu finden ist.

In früheren Zeiten hat man als Pennäler sich den Mädchen unverfänglich beim Flaschendrehen genähert und nebenbei kurz das Küssen geübt.

Heute leben wir im Zeitalter der Selbstoptimierung. Nun gibt es die Möglichkeit, auch noch im fortgeschrittenen Alter die Schulbank zu drücken und externen fachlichen Rat einzuholen.

Neben den drei Mentorinnen finden sich auf der Internetseite der KuF-Schule (Küß- und Fummelschule) fünf Lehrerinnen sowie vier Begleiterinnen. Als Berater fungieren zwei gestandene Herren namens James und Frank, nach den Fotos zu schließen schon etwas fortgeschrittenen Alters.

Der Mann werden, den Frauen begehren

Nun denn, die Damen auf den Bildern der Netzseite wecken nicht unbedingt unser erotisches Begehren, vielleicht bis auf ein oder zwei Ausnahmen. Aber mal ehrlich: War das in der „richtigen“ Schule anders? An eine attraktive Chemie- oder Physiklehrerin kann sich der Autor dieser Zeilen jedenfalls nicht erinnern.

Entscheidend ist ja auch, was auf dem Stundenplan steht. „Die Schule für schüchterne Männer wird von verständnisvollen Frauen geführt, die dich geduldig lehren, der Mann zu werden, den Frauen lieben.“ Mit diesen Worten wirbt die SfsM, die aus dem schüchternen Männchen den selbstbewußten Mann kreieren will – für fünfzig bis einhundert Euro die Stunde und wahlweise in deutscher und englischer Sprache. Wenn es also mit dem Küssen nicht klappt, hat man wenigstens einen fremdsprachigen Konversationskurs gebucht, sollte man sich für die englische Variante entschieden haben.

Das kleine Einmaleins der Bildungseinrichtung aus Berlin-Frohnau besteht darin, daß Männer lernen, für Frauen attraktiv zu sein, sich selbstbewußt zu geben, die Kommunikation mit Frauen zu erlernen und zu erfahren, was Frauen wirklich wollen.

Soweit zur Theorie. Im praktischen Teil – also gleichsam im Werkunterricht – erfahren die Herren der Schöpfung, wie Frauen gerne berührt, geküßt und geliebt werden möchten. Oha. Hierzu hätten wir gern Näheres erfahren, doch bleiben die Angaben vage.

Sarah, Jane und die anderen Damen grenzen sich ab von Programmen, in welchen Männer „dir beibringen, Frauen so zu manipulieren, daß sie eventuell für einen Abend ‘Ja’ zu dir sagen“. Es geht also nicht um einen Abschleppkurs, sondern das Glücksversprechen der Schule für schüchterne Männer lautet: Wir zeigen dir, wie du eine langfristige Lebenspartnerin finden kannst. Wer an Angeboten von Kerlen für Kerle interessiert ist, sollte sich mal in den Foren der selbsternannten Pick-up-Artists erkundigen. Automobile Machos werden hierunter etwas anderes verstehen, nämlich einen Geländewagen mit offener Ladefläche. Doch die Pick-up-Artists haben mit den Ami-Pritschenwagen nichts zu tun und sehen den Sinn ihres Tuns schlicht darin, wie man hübsche Frauen mit ein paar Kniffen in die Kiste kriegt.

Strenge Blicke auf den

Unterschlupf des Mannes

Wer bei den Fächern Küssen und Fummeln die eigene Versetzung gefährdet sieht, kann bei der SfsM auch erst mal den Kurs „Der Touch einer Frau“ buchen. Hier kommt die Frau zum Schüler nach Hause. Nein, nein, dieser Privatunterricht entspricht nicht ihrer blumigen Phantasie, geneigter Leser. Die Besucherin unterstützt ihren Gast dabei, „dein Zuhause gemütlich und frauenfreundlich zu gestalten“.

Diesen Job könnte vielleicht auch eine gute Freundin oder sogar die Mama übernehmen, aber ist es nicht weit vergnüglicher, eine fremde Frau für ihren Touch zu sich einzuladen? Um schon einmal ein Gefühl dafür zu entwickeln, bis es eines Tages wirklich und leibhaftig soweit ist?

Da fällt dem Autor ein, vielleicht sollte er mal ein paar leere Bierpullen aus den eigenen vier Wänden schaffen, und die Fenster könnten auch mal wieder geputzt werden. Das mit dem Küssen verschieben wir auf später.

www.sfsm.de

www.pickupforum.de

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