© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/15 / 24. April 2015

Mordserie an prorussischen Oppositionellen in der Ukraine
Gelenkte Demokratien
Jörg Fischer

Mein Ideal ist die Wiederherstellung des Russischen Reichs“, bekannte der Kiewer Publizist Oles Busina. Mit seinen Kommentaren und Büchern war der aus einer KGB-Familie stammende 45jährige ein rotes Tuch für die Anhänger einer unabhängigen Ukraine. Vorige Woche wurde er durch vier Schüsse mitten in Kiew niedergestreckt.

Zuvor waren bereits zehn weitere prorussische Oppositionelle mysteriös umgekommen, darunter ein Sohn des nach Rußland geflohenen Präsidenten Viktor Janukowitsch. „Die Zeit des Volkszorns ist gekommen“, hieß es in einem Bekennerschreiben für fünf Fälle der Mordserie. Ob wirklich eine Neuauflage der 1942 gegründeten Ukrainischen Aufstandsarmee (UPA), Mafiakreise oder eine Aktion unter „falscher Flagge“ dahinterstecken, wird wohl nie geklärt.

Aber ein Menschenleben zählt dort im Zweifel nicht viel. Rechtsstaatlichkeit existiert bestenfalls nur formal. Es herrscht das Recht des Stärkeren, wie die sogenannten Privatisierungen und die Milliardenvermögen der Oligarchen anschaulich belegen. Und das gilt nicht nur für den derzeitigen US-Liebling Ukraine oder die „gelenkte Demokratie“ in Rußland, sondern für fast alle Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Lediglich die Empörung im Westen hielt sich angesichts der ukrainischen Mordserie auffällig in Grenzen, konnte doch diesmal kaum Wladimir Putin persönlich verantwortlich gemacht werden.