© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/15 / 24. April 2015

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Schabowskis Zettel wird zur „Krimigeschichte“

BONN. Die Ehefrau des ehemaligen SED-Funktionärs Günter Schabowski zeigt sich nach dem überraschenden Auftauchen des historischen Sprechzettels ihres Mannes von der Pressekonferenz am 9. November 1989 empört. „Das ist der kaltblütige Verkauf einer gestohlenen Sache“, wird Irina Schabowski in Presseberichten zitiert. Die Stiftung Haus der Geschichte in Bonn hatte den Zettel in der vergangenen Woche präsentiert. Nach eigenen Angaben kaufte das Museum den Zettel, der seit 1991 als verschollen galt, für 25.000 Euro von Bekannten Schabowskis. „Der Vorbesitzer des Zettels möchte anonym bleiben“, heißt es in einer Mitteilung der Stiftung. „Das ist eine Krimigeschichte mit dem Zettel“, sagte Frau Schabowski. Die Familie habe Anfang der 1990er Jahre ein paar Dokumente, darunter den Zettel, auf Drängen an Bekannte gegeben, die sich das näher ansehen wollten. Sie hätten trotz wiederholter Bitten aber nichts zurückbekommen. „Wir haben nichts verschenkt.“ Günter Schabowski hatte als SED-Politbüromitglied am Abend des 9. November 1989 während einer Pressekonferenz in Ost-Berlin mit Hilfe von Notizen auf dem Zettel über die vom DDR-Ministerrat beschlossene neue großzügige Regelung für Reisen ins westliche Ausland informiert. Auf Nachfrage eines italienischen Journalisten, wann diese Reiseregelung in Kraft trete, geriet Schabowski ins Stottern: „Das tritt nach meiner Kenntnis … ist das sofort, unverzüglich …“ Die Nachricht verbreitete sich rasend schnell. Noch am Abend strömten Tausende in Ost-Berlin über die Grenze in den Westteil. Zu dem jetzigen Auftauchen und Verkauf seines Sprechzettels, der als Dokument der Zeitgeschichte gilt, kann Schabowski sich nicht mehr äußern. Der inzwischen 86jährige lebt nach mehreren Infarkten und Schlaganfällen in einem Berliner Pflegeheim. (tha)

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