© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/15 / 01. Mai 2015

Prinzip Hoffnung
Linksextremismus: Trotz der eskalierten Gewalt bei den „Blockupy“-Protesten in Frankfurt am Main hofft die Berliner Polizei auf einen friedlichen 1. Mai
Felix Lehmann

Trotz Gewaltdrohungen aus der linken Szene sieht die Berliner Polizei den Mai-Demonstrationen gelassen entgegen. Auf einer Pressekonferenz vergangenen Freitag gab Innensenator Frank Henkel (CDU) einen Ausblick auf die Sicherheitslage zur Walpurgisnacht und für den 1. Mai. Trotz vereinzelter Drohungen, die im Vorfeld veröffentlicht wurden, sei die Polizei auf alle Eventualitäten vorbereitet. „Wir sind gelassen, aber wir sind nicht nachlässig“, gab Henkel zu Protokoll.

Daß es tatsächlich friedlich bleibt, muß nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre bezweifelt werden. Allein zur traditionellen linksextremistischen „Revolutionären 1. Mai-Demo“ werden bis zu 20.000 Teilnehmer erwartet. Angesichts der aktuellen Debatte über die Flüchtlingspolitik könnten linksextreme Gruppen sogar noch stärker mobilisieren als erwartet, befürchten Experten. Doch der Polizei lägen noch keine Erkenntnisse zur Mobilisierung linker Aktivisten vor, gab Einsatzleiter Michael Kröner bekannt.

Die Mai-Demonstrationen in Berlin sind immer wieder Schauplatz von heftigen Auseinandersetzungen zwischen linksextremistischen Gewalttätern und der Polizei. Im Mai 1987 kam es erstmals zu heftigen Ausschreitungen und Brandanschlägen auf Polizeifahrzeuge. Ein vorläufiger Höhepunkt der Gewalt war 2009 erreicht, als 273 Polizeibeamte teils schwer verletzt wurden. In den vergangenen Jahren hatten die Sicherheitskräfte die Lage dann zumeist besser im Griff. Dennoch: Auch im vergangenen Jahr wurden 59 Polizisten verletzt und 68 Personen festgenommen.

Eine Entwicklung, auf die Berlin stolz sein könne, sagte Innensenator Henkel damals. Doch angesichts der neuerlichen Eskalation im Zusammenhang mit den linksextremen „Blockupy“-Krawallen in Frankfurt am Main stellt sich die Frage, ob sich die Berliner Polizei nicht in falscher Sicherheit wiegt. Am 18. März nutzte das „antikapitalistische und globalisierungskritische Bündnis“ die Eröffnung des neuen Hauptsitzes der Europäischen Zentralbank (EZB) als zentralen Protesttermin gegen die Euro-Krisenpolitik der EZB. Trotz massiver Sicherheitsmaßnahmen und 10.000 eingesetzten Polizisten steckten die Demonstranten mehrere Polizeiautos und Müllcontainer in Brand und zerstörten Schaufensterscheiben umliegender Geschäfte. Dabei wurden rund 150 Personen verletzt (JF 14/15)

7.000 Beamte sollen

für Sicherheit sorgen

Befremdlich ist auch die Entscheidung der Berliner Polizei, die Linksextremisten an der von Flüchtlingen besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule an der Ohlauer Straße in Kreuzberg vorbeiziehen zu lassen. Im Dezember 2012 hatten Flüchtlinge das leerstehende Gebäude illegal besetzt, um für bessere Lebensbedingungen in Deutschland zu protestieren. In der Schule und der unmittelbaren Umgebung eskalierte schon mehrfach die Gewalt. Im April 2014 wurde ein 29 Jahre alter Marokkaner von einem Gambier während eines Streits um die einzige Dusche des Gebäudes erstochen. Die Besetzung wird von den Berliner Behörden bis heute geduldet.

Auch die Berliner Gruppierung „Radikale Linke“ hat in der vergangenen Woche in einschlägigen Internetforen Drohungen gegen den Berliner Senat sowie alle Hauseigentümer und Immobilienunternehmen ausgesprochen und die Überlassung einer Immobilie gefordert. „Erspart uns Mühe und euch Ärger und rückt das Haus gleich raus. Sucht ein hübsches, nicht zu kleines Objekt heraus, und dann her damit!“ hatte die linksradikale Gruppe auf ihrer Internetseite gefordert. Die Verfasser kündigten an, „einiges tun zu wollen“, um ein passendes Objekt in die Hände zu bekommen. Ob und welche Aktionen von den Verfassern zu erwarten sind, konnte die Polizei noch nicht beantworten.

Auf mögliche Ausschreitungen will die Polizei mit einer Doppelstrategie reagieren. Durch sogenannte Gefährderansprachen sollen mit allen „dialogbereiten Kräften“ Gespräche geführt werden. Gleichzeitig werde die Polizei konsequent und zielgerichtet gegen Gewalt vorgehen. Dafür stünden am 1. Mai 7.000 Beamte bereit. Das verhängte generelle Flaschenverbot sei ein „Garant dafür, daß es friedlich bleibe“, gab sich der Berliner Einsatzleiter Krömer optimistisch. Zwischen den Mai-Demonstrationen und den Ausschreitungen während der Eröffnung der neuen EZB-Zentrale in Frankfurt vergangenen März bestehe kein Zusammenhang, meinte Polizeipräsident Klaus Kandt.

Indes ruft die Gruppierung „Jugendwiderstand Berlin“ dazu auf, „den Haß auf die Straße zu tragen“. „Wehrt euch und kämpft! Rebellion ist gerechtfertigt!“ propagieren die Nachwuchsextremisten auf ihrer Internetseite.