© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/15 / 01. Mai 2015

„Nacht der langen Messer“
Schweden: Die Schwedendemokraten schließen die Spitze ihrer Jugendorganisation aus / Diese bestreitet jegliche Vorwürfe vehement
Sverre Schacht

Die Schwedendemokraten (SD) stehen vor dem größten internen Zerwürfnis ihrer Geschichte. Es droht der Bruch zwischen SD und ihrer 5.100 Köpfe starken Jugendorganisation Junge Schwedendemokraten (SDU). Protagonisten: SDU-Chef Gustav Kasselstrand (37) und SDU-Generalsekretär William Hahne (23) gegen Mattias Karlsson, Reichstags-Fraktionschef. Unter Mithilfe Karlssons wurden acht Nachwuchspolitiker aus der Partei ausgeschlossen, unter ihnen Hahne und Kasselstrand.

Karlsson bezichtigt Hahne und Kasselstrand, Kontakte zu „externen extremistischen Parteien“ zu knüpfen. Dies hätte zum Ziel, die „ideologische Position der Mutterpartei zu ändern“. Als Beispiele nennt Karlsson Mitglieder mit Kontakten zu „undemokratischen, identitären Organisationen (...), antisemitischen Verschwörungstheoretikern und Verehrern Adolf Hitlers“.

Hahne wies die Vorwürfe zurück: „Das alles ist eine Hexenjagd von Anfang bis Ende.“ Das Verfahren lege neue Richtungskämpfe zwischen den sozialkonservativen und traditionell nationalen Parteimitgliedern anhand teils im Detail schwer belegbarer vermeintlicher Abweichungen offen.

Twitter-Meldungen weisen auf persönliche Motive hin. Auf Karlssons Vorwurf, einen „Napoleon-Komplex“ zu haben, entgegnete Kasselstrand auf Facebook, Karlssons Beiträge seien unseriös und spalterisch. Selbst nimmt die Mutterpartei die Abgrenzung aber nicht so genau, wie ein Foto der Zeitung Aftonbladet beweist: Es zeigt den Pressechef der SD, Henrik Vinge, bei einem Abendessen mit dem Vorsitzenden der rechtskonservativen italienischen La Destra.

Im Gespräch mit der JF bestreitet Kasselstrand jegliche Berechtigung des von ihm selbst „Nacht der langen Messer“ genannten Parteiausschlusses: „Sie beschimpfen mich als Extremisten und Faschisten, obwohl es keine konkreten Gründe gibt“, unterstreicht Kasselstrand. Er bleibe jedoch SDU-Vorsitzender bis zu einem Kongreß der Jugendorganisation im September. Schließlich sei er unter ähnlichen Konstellationen im September 2013 als SDU-Vorsitzender wiedergewählt worden.

Meinungsumfragen zufolge habe der Partei ihre Lockerungsübungen mit europäischen Rechtsparteien bisher nicht geschadet, ganz im Gegenteil: Mitte April bescheinigte das norwegische Meinungsforschungsinstitut Sentio der Partei einen Allzeit-Rekord von 17,8 Prozent. Damit bleiben die Schwedendemokraten die drittstärkste Partei im Reichstag.