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Front National suspendiert Parteigründer Jean-Marie Le Pen
Politisches Beben
Jürgen Liminski

Es ist eine Familientragödie, ein politisches Beben und nicht nur ein Detail für Frankreich: Der Gründer und „Ehrenpräsident“ des rechtskonservativen Front National (FN), Jean-Marie Le Pen, stolpert über sich selbst, weil er den Holocaust und die Kollaboration mit den Nationalsozialisten für „Fußnoten der Geschichte“ hält. Diese absurde These macht nun französische Geschichte. Denn seine Tochter, die jetzige FN-Vorsitzende Marine Le Pen, will und kann ihm in dieser Frage nicht folgen, ja sie riskierte schon vor Wochen den Bruch, indem sie ihrem Vater ein Ultimatum stellte. Der hält in seinem Altersstarrsinn an seinen Thesen fest, und so wurde nun folgerichtig der Gründer der Partei suspendiert.

Der Vorgang ist ein politisches Beben über die Parteigrenzen hinaus. Er wird den FN weiter in die Mitte rücken; dorthin, wo noch viele enttäuschte Wähler zu holen sind. Marine Le Pen weiß, daß sie nur mit den Stimmen aus der (rechten) Mitte eine Chance hat, bei den Präsidentschafts- und den Parlamentswahlen 2017 so abzuschneiden, daß ihre Partei unumgänglich wird für Koalitionen.

Daß sie siegreich in den Élysée-Palast einziehen könnte, glaubt sie indes wahrscheinlich selbst nicht. Aber wenn sie auf Werte von über 40 Prozent kommt, dann wird sie künftig mitreden. Und darauf sollte man sich in Berlin angesichts des aktuellen Bebens schon einmal einstellen.