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Wenn das Leben auf Sparflamme läuft
Forschungen zur Winterschlafphysiologie von Lemuren auf Madagaskar
Peter Krambeck

Im Mai beginnt auf Madagaskar der Winter. Obwohl in tropischen Zonen vor der Küste Ostafrikas gelegen, sinken die Temperaturen auf der viertgrößten Insel der Welt nicht allein im Hochland unter den Gefrierpunkt. Nur auf den ersten Blick mutet daher die Feldforschung von Kathrin H. Dausmann wie ein exotisches Abenteuer an. Nachts im Zelt frierend, so berichtet die Hamburger Juniorprofessorin für Ökophysiologie, verflüchtige sich solche Tropenromantik nämlich rasch (DFG-Forschung, 1/15).

Dausmann studiert, gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), das Winterschlafverhalten madagassischer Fettschwanzmakis (Cheirogaleus sp.). Die überraschende Erkenntnis, daß diese tropischen Säugetiere überhaupt Winterschlaf halten, darf die Hamburger Biologin als ihre originäre Entdeckung verbuchen.

Fettvorräte im Schwanz aufbewahrt

Bisher war weder bekannt, daß die in nördlichen Breitengraden bei vielen Tierarten übliche Thermoregulation auch in der tropischen Fauna vorkommt, noch daß hochentwickelte Primaten wie die Makis, nachtaktive Lemuren aus der Gruppe der Feuchtnasenaffen, zu den Winterschläfern gehören.

Während des bis zum September anhaltenden Winters sehen sich alle Säugetiere der Insel vor Herausforderungen gestellt, wie sie weit nördlich des Äquators die Regel sind: niedrige Umgebungstemperaturen und Nahrungsknappheit bei gleichzeitig erhöhtem Energiebedarf, um die relativ hohe Körpertemperatur zu halten. Die Fettschwanzmakis speichern die überlebensnotwendigen Fettvorräte für den Winterschlaf in einem stets zugänglichen Depot – ihrem Schwanz. Wenn sich, wie es die sichtlich von ihren Studienobjekten faszinierte Hamburger Biologin beschreibt, die Makis im Winter kalt anfühlten und sie unbeweglich, „wie tot“, in ihren Schlafhöhlen lägen, funktioniere ihr auf einen Bruchteil der aktiven Jahreszeit heruntergeregelter Stoffwechsel trotzdem perfekt. Der Energieverbrauch sei auf fünf Prozent abgesenkt, die Atmung könne teilweise sogar für 20 Minuten aussetzen.

Wo im Zellstoffwechsel der Makis der Schalter liegt, um vom Normal- auf Sparbetrieb umzuschalten, welche Faktoren den Winterschlaf auslösen, welche Hormone, welche Nervenzellen daran beteiligt sind – diese Rätsel könnten erst weitere Forschungen lösen. Auch die drängende Frage sei noch unbeantwortet, wie der Klimawandel mit steigenden Temperaturen die Winterschlafphysiologie nicht nur der Makis verändern werde.

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