© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de

Leserbriefe

Zu: „Krise in der AfD / Merkel stellt den Sekt kalt“ von Dieter Stein, JF 19/15

Viel Porzellan zerschlagen

Dieter Stein ruft die Alarmstufe Rot für die AfD aus! Aus meiner Sicht ist jetzt ein kühler Kopf zu bewahren. Vernunft, Verantwortung und Vergebung ist angesagt!

Vernunft, weil das Projekt AfD nur gelingen kann, wenn die Symbiose liberaler und konservativer Positionen gelingt. Verantwortung, weil Deutschland eine AfD braucht! Wer sonst ist in der Lage, den Linkstrend zu stoppen, der einen neuen „deutschen Größenwahn“ in puncto Asyl, aber auch Energie ermöglicht hat. Vergebung, weil in den Gremien der AfD unnötig viel Porzellan zerschlagen wurde an und von Menschen, denen eine Parteierfahrung fehlte, die sich zu Überreaktionen hinreißen ließen oder denen, die in der AfD auf einer Art Egotrip waren. Noch ist die AfD nicht verloren!

Gottfried Schwank, Oberegg

Zum Schwerpunktthema: „Der große Gender-Quatsch“, JF 18/15

Der Druck zur Karriere

Ich möchte nochmal daran erinnern, daß die „aktuellen“ Probleme und Verwirrungen um das Thema Mutterschaft und Frau-Sein schon seit mehreren Jahrzehnten bestehen. Es ist nicht nur der neue „Genderwahn“. Die Stellung der Frau als Mutter wird grundsätzlich nicht geschätzt, und das schon lange. Als junge Mutter in den 1980er und 1990er Jahren geriet ich regelmäßig in Konflikt, wenn ich ein Formular auszufüllen hatte, in dem nach meinem Beruf gefragt wurde. Ich habe niemals „Hausfrau und Mutter“ eingeschrieben, obwohl das meine Lebenswirklichkeit war. Stattdessen gab ich meinen ersten Beruf „Arzthelferin“ an.

Nach nunmehr 30 Jahren sehe ich, daß sich diese Problematik noch verschärft hat. Der von außen kommende Druck, einem „modernen Frauenbild“ zu entsprechen, ist so stark, daß sich die Frauen darunter verbiegen. Ich kann jede Frau verstehen, die sich für Karriere und gegen Kinder entscheidet, oder eben für das Gegenteil, wie ich es gemacht habe. Die Vereinbarkeit von beidem ist in den seltensten Fällen gegeben. Vielen fehlt ein gesundes Selbstbewußtsein sowie das Vermögen, seine Kräfte realistisch einzuschätzen. Es fehlt den Frauen an Mut, gegen den Strom zu schwimmen.

Christine Just-Kascha, Fürstenberg/Havel

Zu: „Handeln, um zu wandeln“ von Michael Paulwitz, JF 18/15

Teil der Abschaffung

Es ist unglaublich, aber leider wahr: In meinem großen Umfeld habe ich nachgefragt. Kaum jemand wußte tatsächlich über das Problem Bescheid. Alle denken, es handele sich um die berühmte Gleichberechtigung. Alles andere scheint unbekannt zu sein. Wie wichtig ist also die Kampagne der JUNGEN FREIHEIT, die nicht laut genug sein kann! Wenn man die üblichen Medien verfolgt, ob Presse, Fernsehen oder Rundfunk – es geschieht nichts, was zur Aufklärung dieses Phänomens und damit zum Wachrütteln des Normalbürgers beitragen könnte.

Es ist unfaßbar, wie diese Verfechter einer Unkultur argumentieren, noch unfaßbarer aber ist das Stillhalten der Politik, von Dulden bis Unterstützung ganz abgesehen. Auch das ist ein Abschaffen Deutschlands.

Wolfgang Pickert, Berlin

Zu: „Zivilcourage in Deutschland / Klammheimliche Freude“ von Dieter Stein, JF 18/15

Beschämender FC-Vorstand

Als großer FC-Fan von ganzem Herzen bin ich um die Ereignisse um Herrn Lucke im Bordbistro der Deutschen Bahn doch sehr besorgt. Insbesondere die Zurückhaltung des FC-Vorstandes in der Angelegenheit beschämt mich sehr, läßt diese doch vermuten, daß hiermit eine Duldung solcher Übergriffe stillschweigend signalisiert wird.

Offenbar sind die aktuellen Werbekampagnen von Bundesligavereinen im Zusammenhang mit Ausgrenzung und Diskriminierung nur auf einen politisch-korrekt ausgewählten Personenkreis anwendbar und zeigen einmal mehr, welch ideologischer Ansatz sich hinter dieser Art der Solidarisierung verbirgt. Auch teile ich Ihre Auffassung, daß bei einem Ereignis dieser Art von „Rechten“ die Reaktionen der Vereinsführung und auch der politischen Klasse sich in einer Bandbreite von Betroffenheitsgetue bis hin zum hysterischen Aufschrei bewegt hätten. Nun muß man sicherlich die Region, die Menschen rund um Köln und die ausgeprägte Liebe zu diesem Verein kennen, um so manchen Unsinn und Dummheit der Anhängerschaft besser verstehen zu können, aber bei solch heftiger Diskriminierung und Ausgrenzung hört auch hier das Verständnis auf!

Alexander Petereit, Köln

Zu: „Die Alternativlose“ von Paul Rosen, JF 18/15

Thatcher unrecht getan

Herr Rosens Analysen bundesrepublikanischen Regierungsgebarens sind stets bereichernd. Doch so richtig die Betitelung der Kanzlerin als „Mutti“ angesichts ihres Machtinstinktes ein Euphemismus sein mag – Gertrud Höhlers Korrekturversuch („Die Patin“) verhallte offenbar ungehört –, fordert die Gleichsetzung mit der vor zwei Jahren verstorbenen britischen Premierministerin Margaret Thatcher zum Widerspruch heraus. Während sich Merkels informelle Macht in erster Linie auf ihre feministische Fähigkeit stützt, die Mehrheitsstimmung zu der ihrigen zu transformieren, fußte Thatchers politischer Impetus auf ihren bürgerlich-wertkonservativen Überzeugungen. Unvergessen und ohne bekannte historische Parallelität ist Thatchers Rede im Oktober 1980, in der sie, in einer politisch defensiven Position, den mehrheitlich gegenteiligen (staatsgläubigen) Delegierten auf dem Parteitag der britischen Konservativen die Worte entgegenschleuderte: „You turn if you want to – The lady’s not for turning.“ Aus der Perspektive des Jahres 2015 mutet solche Prinzipienfestigkeit befremdlich an, als wäre sie nicht von dieser Welt!

Stephan Wupper, München

Für das Land, nicht für das Amt

Dem Vergleich Merkels mit Margaret Thatcher ist auch deshalb zu widersprechen, weil die britische Premierministerin nicht in erster Linie an ihre persönliche Macht dachte, sondern an das Wohlergehen Großbritanniens. Ganz anders agiert Angela Merkel, die sich generell der jeweils populären politischen Meinung anpaßt, was nirgends deutlicher sichtbar wurde als beim überstürzten Ausstieg aus der Atomenergie.

Heinrich Studer, Berlin

Zu: „Spätes Erwachen in Brüssel“ von René-Lysander Scheibe, JF 18/15

Vorbild Australien

Ich möchte nicht als ausländerfeindlich gelten. Habe ein halbes Jahr lang einem Armutsflüchtling ohne Gegenleistung ein Zimmer mit Bad und Essen gestellt, ein Fahrrad geschenkt und ihn unfallversichert. Aber grenzenlose Gastfreundschaft ist sinnlos und schafft sozialen Sprengstoff. Afrika erlebt eine Bevölkerungsexplosion mit einem Zuwachs von 30 Millionen Menschen Jahr für Jahr. Je mehr wir in Europa davon aufnehmen, desto größer werden der Sog, der Gewinn der Schlepper und die Zahl der Ertrinkenden.

Die australische Regierung hat das gleiche Drama auf wirksame Weise beendet. Sie hat 2013 in allen Herkunftsländern Zeitungsanzeigen und Fernsehspots geschaltet und darin verkündet, daß Asylanträge nur noch in den dortigen Konsulaten angenommen und Bootsflüchtlinge generell zurückgeschickt werden. Nach kurzer Zeit ist kein einziger Bootsflüchtling vor Australiens Nordküste mehr ertrunken.

Vor 25 Jahren hat der Hohe Kommissar für Flüchtlingsfragen der UN die heutige Entwicklung richtig prognostiziert. Ich habe damals auf einer CDU-Tagung gefragt, was man deswegen zu tun gedenke. Antwort: „Wir lösen das Problem am Ort der Entstehung.“ Heute kommen Politiker immer noch mit gleich untauglichen Antworten, wie Schiffe zerstören, Schlepper verfolgen oder mehr Rettungsboote einsetzen. Unsere Politiker merken es immer zu spät, wenn uns ein Problem über den Kopf wächst, und die AfD merkt wieder nicht, daß ihr ein Problem als Fell davonschwimmt.

Gerd Schultze-Rhonhof, Haldensleben

Zur Meldung: „Blei im Hirsch und Kupfer im Rehbock“, JF 18/15

Nichts gesünder als Wildfleisch

Was in aller Welt veranlaßt die JF, solche fragwürdigen Befunde abzudrucken? Nicht nur, daß ich unter dem angegebenen Link nichts Substantielles gefunden habe, auch aus eigener Erfahrung als Waidmann kann ich versichern, daß trotz häufigen und langjährigen Wildbret-Genusses (in der Regel zweimal wöchentlich) weder bei mir noch bei meiner Familie irgendwelche toxikologisch bedenklichen Werte oder Symptome aufgetreten sind. Es gibt nichts Gesünderes als Wildfleisch, was Ihnen jeder Lebensmittelkontrolleur bestätigen wird. Daran ändert auch diese Verlautbarung nichts, die wohl von Vegetariern und/oder Jagdgegnern verzapft wurde.

Dieter Funk, Hamburg

Zum Leserbrief: „Die Einheit abgeschrieben“ von Ernst Hildebert Kratzsch, JF 18/15

Auch Lafontaine und Pleitgen

Nicht nur Günter Grass hatte die Einheit abgeschrieben. So kommentierte Fritz Pleitgen in den „Tagesthemen“ am 6. November 1989 die Flucht seiner Landsleute aus der DDR in die Bundesrepublik mit den Worten: „23.500 (Flüchtlinge aus der DDR; H.K.) sind allein am letzten Wochenende gekommen. In ein paar Wochen brauchen sie den Umweg über Prag nicht mehr zu nehmen. Ich fürchte, die Welle, die dann auf uns zukommen kann, werden wir materiell und moralisch nur schwer verkraften.“ Dokumentiert hat dies der Autor Harald Kurz in seiner Studie „Die Wiedervereinigung im Spiegel der ‘Tagesthemen’“ (Verlag Peter Lang, 1996).

Berüchtigt ist auch das Verhalten des damals stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Oskar Lafontaine, der kurz nach dem Mauerfall die Übersiedlung aus der DDR einschränken wollte, um Sozialleistungen zu sparen. Lafontaine wörtlich: „Das Übersiedeln sollte nur dann stattfinden, wenn die Frage des Arbeitsplatzes und der Wohnungsnot geklärt ist“, denn es sei „nicht vernünftig, immer mehr Leute aus der DDR dazu zu bewegen, zu uns zu kommen und sie in Turnhallen und Containern unterzubringen“. Deswegen müsse dem einzelnen nachgewiesen werden, daß er „auf Dauer eine besondere Last für die Allgemeinheit“ sei.

Claus Bochröder, Leipzig

Zum Leserbrief: „Eine kranke Nation seit 1959“ von David S. Fischer, JF 18/15

Antisemitisches Asyl in Ägypten

Ich erlaube mir, Herrn Fischers Leserbrief dahingehend zu korrigieren, daß Studienrat Zind nicht, wie fälschlich behauptet, dem hessischen Offenbach, sondern der südbadischen Kreisstadt Offenburg entstammte.

Dort war er, nicht zuletzt durch seine Funktion als Vorsitzender des „Turnvereins 1848“, ein geachtetes Mitglied der Offenburger Gesellschaft. Am Abend des 23. April 1957 verkehrte Zind in einer ortsbekannten Gaststätte, in der er – reichlich Alkohol intus – mit dem ehemaligen KZ-Häftling Kurt Lieser ins Gespräch kam und mit seinen antisemitischen Aktivitäten im Verlauf der zwanziger Jahren prahlte. Augenzeugen dieses Vorgangs waren dabei zwei Schüler Zinds, die von ihm zuvor überredet worden waren, sich hinzuzugesellen. Zind steigerte sich im weiteren Verlauf derart in antisemitische Ausfälle, daß es nur der Anwesenheit der beiden Schüler zu verdanken war, daß diese nicht in Handgreiflichkeiten gipfelten.

Kurt Lieser zeigte sich von den erlittenen Verbalinjurien derart belastet, daß er zu Hause einen Zusammenbruch erlitt. Am darauffolgenden Tag wandte er sich an den Oberrat der Israeliten Badens, der wiederum das Stuttgarter Kultusministerium über den Vorfall in Kenntnis setzte. Das Oberschulamt Freiburg war es schließlich, das den Rektor des Grimmelshausen-Gymnasiums – Zinds Wirkungsstätte – mit der Klärung des Sachverhalts beauftragte. Dieser organisierte im Folgenden eine Aussprache, während derer sich Zind oberflächlich bei seinem Kontrahenten entschuldigte, seine Aversion gegenüber dem Judentum jedoch nicht widerrief.

Nachdem seitens der Schulbehörden keine Sanktionen gegen Zind in Angriff genommen wurden, kontaktierte Lieser Ende 1957 das Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Das „Sturmgeschütz der Demokratie“ (Rudolf Augstein) veröffentlichte dann am 18. Dezember 1957 einen Artikel, der den Offenburger Vorgängen schließlich zu bundesweiter Bekanntheit verhalf. Vor Gericht wurde Zind zu einem Jahr und einem Tag Haft ohne Bewährung verurteilt. Als das Bundesverfassungsgericht den Offenburger Richterspruch bestätigte, konnte sich Zind durch Flucht nach Ägypten und Libyen dem Haftantritt entziehen. Das tat dem Aufbau einer weiteren akademischen Karriere aber keinen Abbruch: der ägyptische Staat stattete den prominenten Flüchtigen mit einer Professur aus.

Matthias Kaiser, Hausach

Zu: „Eine trauernde Witwe im Feindesland“ von Walter T. Rix, JF 16/15

An der Straße nach Lyck

Alexander Solschenizyn beschreibt den Selbstmord Samsonows und seinen ehrenvollen Abtransport in seinem Roman „August 1914“ weniger nüchtern als Ihr Artikel suggeriert; etwas romantischer, ohne Witwe, aber als beiderseitig ehrenhafte Prozedur. Der Respekt für den Feind beschränkte sich damals aber nicht nur auf die höchsten Ränge. Kurz hinter dem Ausgang von Nikolaiken (Masuren) fand ich neben der Straße nach Lyck eine kleine Kriegsgräberstätte aus dem Jahr 1914, auf der russische und deutsche Soldaten gemeinsam beerdigt sind. Den Mittelpunkt bildete ein Gedenkstein mit der Aufschrift „Freund und Feind / im Tod vereint.“

Rainer Kroschewski, Haßloch