© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/15 / 15. Mai 2015

Streik in den öffentlichen Kindertagesstätten
Ver.di ist keine Mama
Birgit Kelle

Erzieherinnen streiken für mehr Lohn. Ja, warum nicht? Jeder weiß, ihre Tätigkeit ist schlecht bezahlt. Nie war es deutlicher: Es ist eben einfach nur ein Job wie jeder andere. Eltern streiken nicht. Trotz ausbleibender Bezahlung, trotz Überstunden und Nachtschichten. Sie streiken nicht, weil die Leidtragenden ihre eigenen und nicht fremde Kinder wären. Weil diese ja nichts dafür können, daß man die Betreuung und Erziehung von Kindern nicht genug wertschätzt in unserer Gesellschaft. Elternsein ist kein Job. Man macht es, weil man es will, nicht weil man muß. Aus Liebe und nicht gegen Bezahlung. Mit den Kitastreiks bekommen wir einen Vorgeschmack darauf, was passiert, wenn wir Familie in bezahlte Dienstleistungsverhältnisse umwandeln.

Die Politik will es so. Sie nennt es moderne Familienpolitik, daß wir uns jetzt nicht mehr selbst um unsere eigenen Kindern kümmern, sondern andere dafür bezahlen. Wenn die Kita streikt, schicken wir die Kinder zu Oma und Opa. Wo werden wir Oma und Opa unterbringen, wenn die Pflegekräfte streiken, die für einen Hungerlohn unsere Alten pflegen? Weil wir ja keine Zeit haben. Eine Gesellschaft, die Familie für ersetzbar hält, bekommt gerade ihre Quittung.






Birgit Kelle ist Publizistin. Ihr neues Buch „Gender-Gaga. Wie eine absurde Ideologie unseren Alltag erobern will“ schaffte es auf die Bestsellerliste.