© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/15 / 15. Mai 2015

Frisch gepresst

Weltstaat. Otfried Höffes Wortmeldungen zum Thema „Weltbürgertum“ ähneln oft jenen von Jürgen Habermas. Wie jedoch seine Betrachtungen über „das Grundproblem der Moderne“, die Freiheit des Individuums, zeigen, läßt es Höffe im Gegensatz zur vierzehn Jahre älteren „philosophischen Weltmacht“ (Die Zeit) an vergleichbar enthemmter postnationaler Emphase fehlen. Obgleich auch der Tübinger Emeritus im politikfernen Wolkenkuckucksheim operiert und von „westlicher“ oder „muslimischer Bürgeridentität, Menschenrechten, Weltgerechtigkeit und Verfassungspatriotismus“ schwärmt, verraten einige Reflexionen gerade zur „Freiheitlichen Weltordnung“ einen erfreulichen Rest von Realitätsbewußtsein. Denn Höffes Utopie richtet sich bescheiden auf eine Weltrepublik als „mehrdimensionale föderale Einheit“. Diese dürfe „auf keinen Fall“ an die Stelle der Einzelstaaten treten, sondern diene nach dem „kosmopolitischen Sparsamkeitsprinzip“ lediglich zu deren Ergänzung. Den Nationalstaaten sei in dieser planetaren Architektur also Vorrang einzuräumen. (wm)

Otfried Höffe: Kritik der Freiheit. Das Grundproblem der Moderne. Verlag C. H. Beck, München 2015, gebunden, 398 Seiten, 29,95 Euro





Der Euro. Mit seiner seit 2013 über 1,6 Millionen Mal verkauften historischen Analyse „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ (JF 3/15) ist Thomas Piketty schlagartig berühmt geworden. Er trat damit jedoch nicht unvermutet aus dem stillen Gelehrtenkämmerlein ins Rampenlicht. Denn der Leserschaft des linksliberalen Blattes Libération erklärt er bereits seit Ausbruch der US-Hypothekenkrise regelmäßig die Konvulsionen der globalen Ökonomie. Nun legt er eine auf das chronische Euro-Desaster konzentrierte Auswahl dieser „Interventionen“ vor. Als Kommentator der Tagespolitik macht der Pariser Professor freilich eine weniger glückliche Figur. Allzu simpel klingt doch, wenn er zu Europas Heil den mutigen Einstieg in Schuldenunion plus politische Union empfiehlt, weil nur so der alte Kontinent sein „Sozialmodell“ gegenüber den Finanzmärkten der rabiaten US-Plutokratie behaupten könne. Die Katastrophe sei hingegen unvermeidlich, wenn man sich in der Politik von Euro- und Griechenland-„Rettung“ weiter von „Spekulanten und Betrügern“ auseinanderdividieren lasse. (wm)

Thomas Piketty: Die Schlacht um den Euro. Interventionen. Verlag C. H. Beck, München 2015, broschiert, 175 Seiten, 14,95 Euro