© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 22/15 / 22. Mai 2015

Der Kampf um die Weltmeere hat begonnen
PC-Spiel: Sei Monaten fiebern die Fans „World of Warships“ entgegen / Die JF macht den Vorab-Test
Henning Hoffgaard

Eine Nebelwand. Was nun? Langsam drehen sich die schweren Geschütze des Schlachtschiffes nach Steuerbord. Nichts. Ein Begleitkreuzer schiebt sich zwischen das Schlachtschiff und den künstlich erzeugten Nebel. Plötzlich tauchen vier Torpedos im Wasser auf. Mit Höchstgeschwindigkeit rasen sie auf den Kreuzer zu. Das Ausweichmanöver kommt zu spät. Das Schiff wird dreimal getroffen. Die Brände sind nicht mehr unter Kontrolle zu bekommen. Das Schlachtschiff hat längst abgedreht. Hinter dem Torpedoangriff steckt ein kleiner US-Zerstörer, der nun wild manövrierend den Salven des japanischen Schlachtschiffes zu entkommen versucht. Doch auch seine Zeit ist gekommen. Vier Geschosse durchschlagen den Rumpf. Sofort explodiert die Munitionskammer und reißt das Schiff auseinander.

Beeindruckende detailgetreue Grafik

Bisher waren solche Szenarien nur auf der Kinoleinwand oder dem Fernsehbildschirm zu sehen. Ein anständiges PC-Spiel für Seegefechte ließ bisher auf sich warten. In diese Lücke stößt nun „World of Warships“ („Welt der Kriegsschiffe“) des weißrussischen Spieleentwicklers Wargaming.net. Das Unternehmen hat sich mit seinen Spielen „World of Tanks“ (JF 23/13) und „World of Warplanes“ (JF 6/14) einen exzellenten Ruf erarbeitet. Nach Panzern und Flugzeugen stehen nun also die Kriegsschiffe der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts im Mittelpunkt. Die Fangemeinde fiebert der Veröffentlichung des Seegefechts-Simulators seit Monaten entgegen.

Derzeit wird das Spiel von einigen tausend ausgewählten Nutzern getestet. Die JUNGE FREIHEIT hat sich die noch nicht veröffentlichte sogenannte „Beta-Version“ vorab angeschaut. Das Fazit nach einigen hundert gespielten Gefechten: Erstklassig. Die Grafik überzeugt mit starken Effekten und einer erstaunlich hohen Detailtiefe. Spieler, die nicht über die neuesten Grafikkarten verfügen, können die Einstellungen entsprechend absenken, ohne daß das Spielerlebnis leidet. Die Steuerung ist, wie auch bei „World of Tanks“ und „World of Warplanes“, sehr einfach gehalten. Anfänger können also bedenkenlos zugreifen. Mehr als vier Tasten werden für die Lenkung des Schiffes nicht benötigt. Dazu kommt per Maus die Steuerung der Torpedorampen und Hauptgeschütze. Die Aufgabe des Spielers ist denkbar einfach: versenken, versenken, versenken.

Er schlüpft dabei in die Rolle des Schiffskommandanten und ist direkt für das Ausrichten und abfeuern der Hauptbatterien verantwortlich. Die Flak-Geschütze gegen Luftangriffe und die kleineren Schiffsgeschütze schießen selbständig. Zur Verfügung stehen vier Schiffsklassen. Flugzeugträger, Schlachtschiffe, Kreuzer und Zerstörer. Jedem Schiffstyp kommen dabei spezielle Aufgaben zu. Während die Zerstörer mit schnellen Torpedoangriffen die feindliche Flotte direkt attackieren, nutzen Kreuzer und Schlachtschiffe ihre weitreichenden Geschütze für den Fernkampf. Die Flugzeugträger dagegen agieren aus dem Hintergrund. Hier kommandiert der Spieler die Flugzeugstaffeln (Jäger, Torpedobomber, Sturzkampfbomber) aus der Vogelperspektive und gibt Angriffs- und Rückzugsbefehle. In der Beta-Version stehen vorerst nur japanische und amerikanische Schiffe zur freien Auswahl. Hinzu kommen einige wenige britische und russische Modelle, die jedoch mit einer Premium-Währung gekauft werden müssen, die es nur gegen echtes Geld gibt.

Auch deutsche Schiffstypen sind geplant

Nach der offiziellen Veröffentlichung des Spiels sollen mittelfristig auch deutsche Schiffstypen dazukommen. Das Spielprinzip gleicht dem von „World of Tanks“ und „World of Warplanes“. Zehn bis 20 Spieler treten in zwei Gruppen, zumeist auf einer Inselkarte, gegeneinander an. Das Team, das die zentralen Punkte erobert oder die gegnerische Flotte versenkt, gewinnt das Spiel. Dafür ist jedoch eine gute Taktik nötig. Wer mit seinem Schiff blindlings auf den Gegner zuhält, wird schnell von der Übermacht zusammengeschossen. Das gilt auch für die schwersten Schlachtschiffe, die Flugzeugangriffen weitgehend machtlos gegenüberstehen. Sie sind auf den Schutz von Kreuzern und Zerstörern angewiesen. Duelle ausschließlich zwischen den Schiffen zweier Länder gibt es allerdings nicht. Die Teams werden bunt aus Schiffen verschiedener Nationen zusammengewürfelt. So kann auch ein amerikanischer Zerstörer mal einen amerikanischen Flugzeugträger versenken.

Ist das Gefecht gewonnen, kann der Spieler sein Schiff mit neueren Waffen oder einem verbesserten Motor ausrüsten. Nach und nach können dann auch neue Schiffe gekauft werden. Die Entwickler legen dabei großen Wert auf möglichst realistische Schiffe, nach historischem Vorbild, und Kämpfe. Ein genaues Veröffentlichungsdatum der Endversion steht noch nicht fest.

Die Erwartungen der Fans, die das Spiel wegen der langen Entwicklungsdauer schon als „World of Waiting“ bezeichnen, dürften auf jeden Fall erfüllt werden. „World of Warships“ legt die Latte bei den PC-Kriegssimulationen verdammt hoch.

www.worldofwarships.eu

Foto: Feuergefecht: Der Spieler kann Zerstörer, Kreuzer, Schlachtschiffe und Flugzeugträger befehligen