© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 23/15 / 29. Mai 2015

Die besten günstigen Photoshop-Alternativen
Bild-Bearbeitung: So entgehen Grafiker der Kostenfalle und bekommen trotzdem gute Fotos zustande
Ronald Gläser

Valeria Lukyanova ist ein ukrainisches Model. Sie gilt als menschliche Barbie, weil sie sich die Züge der Spielzeugfigur mit Kultcharakter angeeignet hat: lange Beine, blonde Mähne, große Oberweite. Sie sieht wirklich aus wie eine Puppe. Oder doch nicht? In der aktuellen Cosmopolitan gibt sie zu, bei einigen ihrer Fotos nachgeholfen zu haben: mit Photoshop. Bislang hat sie das immer geleugnet. Auch jetzt will sie nur Kleinigkeiten verändert haben: „Ich mußte sie bearbeiten, um die Defekte des Handy-Bilds zu korrigieren“, so die 29jährige. 

Photoshop: Alle kennen es, viele nutzen es. Aus dem Produktnamen wurde sogar ein Verb. „Das ist gephotoshopt“, sagt der Grafiker, und jeder weiß, was gemeint ist: Falten retuschiert, Hintergrund verändert, Personen zusammengerückt, die sich gar nicht kennen. 

Neu ist das Abomodell, bei dem der Kunde mietet

Das Grafikprogramm  ermöglicht alle Tricks. Ein Vierteljahrhundert ist Photoshop nun schon alt. Keine Redaktion, kein Layouter kommt ohne das Programm aus. Doch leider wird es nicht nur immer besser, sondern auch imer teurer. Der Softwarehersteller Ado-be hat mittlerweile auf ein Abomodell umgestellt, bei dem Kunden das Programm gar nicht mehr kaufen, sondern nur noch mieten können (142 bis 713 Euro pro Jahr). Die JF hat einige Gratis-Alternativen herausgesucht, mit denen sich dieses Geld sparen läßt.



Serif Photo Plus Starter

Download und Installation gehen schnell. Nutzer müssen aufpassen, daß sie sich die deutschsprachige Version herunterladen. Das Programm setzt eine Registrierung bei der Softwareschmiede Serif voraus. Per E-Mail wird ein Produktschlüssel an den Nutzer verschickt. Danach kann das Programm gestartet werden. Die Benutzeroberfläche ist der von Photoshop fast zum Verwechseln ähnlich: Manche Funktionen sind besser als bei Photoshop, so ist zum Beispiel der (oft benutzte) Rückschritt in der Standardeinstellung mit einer Ein-Klick-Lösung durchführbar. Ebenso mit einem Klick möglich: vorhandene Ebenen ausblenden. Das ist sehr hilfreich. Nachteile: Das Anordnen der Ebenen ist (hingegen) nicht so leicht vorzunehmen. Ein echtes Manko. Dafür ist der Preis für die aktuelle Vollversion ein Kracher: nur 60 Euro, einmalig.


Serif Photo Plus Starter. Damit macht der Nutzer nichts falsch.

 www.serif.com

 Kosten: keine, Update für 60 Euro

 Nutzen: «««««

 Bedienbarkeit: «««««

 Gesamtbewertung: Runterladen



PhotoScape

Photoscape ist weit davon entfernt, ein Photoshop-Ersatz zu sein. Allerdings bietet das Bildbearbeitungsprogramm viele andere Funktionen, die Photoshop nicht hat. Zum Beispiel: Photoscape verfügt über eine Vielzahl von Objekten, die in die Bilder eingefügt werden können. Smileys, Kameralogos oder Weihnachtsbaumkugeln etwa, die sich hier politisch korrekt in der Rubrik „Jahresendfeierlichkeit“ finden. Oder Stapelverarbeitung. Der Nutzer kann gleich mehrere Fotos aufrufen und sie in einem Arbeitsschritt schärfen, aufhellen oder mit Spezialeffekten versehen. Auch die Standardfunktionen wie Textfelder einrichten oder Farben ändern sind vorgesehen. Alles ist kinderleicht zu bedienen. Das Programm ist insofern eine nützliche Ergänzung, die auch für Einsteiger geeignet ist. 


PhotoScape. Keine Photoshop-Kopie, bietet aber viele andere Funktionen

 www.photoscape.org

 Kosten: Paypal-Spende erbeten

 Nutzen: «««««

 Bedienbarkeit: «««««

 Gesamtbewertung: Joker



Gimp

Nachdem zum fünften Mal die identische Fehlermeldung auf einem nagelneuen Windows-Rechner  von Toshiba kam, mußte die Installation abgebrochen werden. Leider paßt sich Gimp nicht in jede Hardwareumgebung. Es wird wohl häufiger auf dem Mac benutzt. Wem es gelungen ist, Gimp einzurichten, der hat einen akzeptablen Photoshop-Ersatz. Die Benutzeroberfläche ist aus Sicht des Photoshop-Nutzers jedoch gewöhnungsbedürftig. Auch Aufgaben wie das Skalieren von Objekten muß der Nutzer zwar nicht neu lernen – aber sich an andere Tasten und Funktionsweisen gewöhnen. Ausschneiden, Anklicken von Objekten, Füllen von Freiflächen mit Farbe, Öffnen von Textfeldern – alles ist anders und muß neu bewerkstelligt werden. Dafür ist das Programm komplett kostenfrei.


Gimp. Funktioniert nicht ganz so, wie es soll.

 www.gimp.org

 Kosten: keine

 Nutzen: «««««

 Bedienbarkeit: «««««

 Gesamtbewertung: Ersatzersatz



Paint.net

Microsoft Paint (ganz früher Paintbrush) ist die in Windows integrierte Grafiksoftware. Dieses Programm, das für eine Generation von Nutzern den Einstieg in die Bildbearbeitung darstellte, wollten die Erfinder von Paint.Net wohl übertreffen. Das Ergebnis reißt keinen Nutzer vom Hocker. Es ist wie Photo Plus Starter photoshop-ähnlich aufgebaut und bietet ebenfalls einige wenige Vorteile, etwa beim Skalieren von Bildern. Alle anderen Funktionen lassen sich jedoch weniger gut bewerkstelligen: Textfelder aufziehen, Zauberstab einsetzen, verschiedene Ebenen bearbeiten – überall bleibt das Programm weit hinter den Leistungen des Profiprodukts zurück. Wer zum Beispiel automatische Bildkorrektur nutzt, bekommt teilweise haarsträubend schlechte Ergebnisse vorgelegt.  


Paint.net. Mit einem Golf 1 kommt der Fahrer ja auch ans Ziel. Vielleicht.

 www.getpaint.net

 Kosten: keine

 Nutzen: «««««

 Bedienbarkeit: «««««

 Gesamtbewertung: lieber nicht