© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/15 / 05. Juni 2015

Blaue Wunder gibt es immer wieder
Österreich: Die FPÖ fährt bei den Landtagswahlen in der Steiermark und im Burgenland historische Stimmenzuwächse ein / Zuwanderungsfrage bewegt die Wähler
René-Lysander Scheibe

Die FPÖ erhoffte sich ein „Blaues Wunder“. Da es den Freiheitlichen unter ihrem Landesvorsitzenden  Mario Kunasek dann bei der Landtagswahl in der Steiermark am Sonntag beinah gelang, die Stimmenzahl von 10,7 (2010) auf 26,7 Prozent (14 Mandate) zu verdreifachen, sorgte für größten Jubel in Graz. 

Hinzu kam das gute Abschneiden im Burgenland. Auch hier verbesserte sich die FPÖ eher unerwartet von neun auf 15 Prozent und verdoppelte so die Mandate von drei auf sechs. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache jubilierte: „Das historisch beste Ergebnis! So stark wie heute, war die FPÖ noch nie in diesen beiden Bundesländern.“

Der unmißverständliche, konsequent geführte Wahlkampf des noch relativ unbekannten FPÖ-Spitzenkandidaten und ehemaligen Wehrsprechers der FP im Wiener Nationalrat Kunasek traf den Nerv der Steirer, denen vor allem die Asyl- und Zuwanderungs- sowie Sicherheitsfragen auf den Nägeln brennen.

Neben Wien, so Kunasek, sei die rot-schwarz regierte Steiermark das einzige Bundesland, das bedeutend mehr Asylbewerber aufnehme, als es müßte. Trotzdem errichte die Landesregierung ein Asylheim nach dem anderen. Profiteure dieser Politik seien unter anderem SPÖ-nahe Organisationen, die mit der Betreuung von Asylbewerbern ein „Vermögen verdienen“. Zudem seien Asylquartiere mit hohen Sicherheitsrisiken verbunden. Allein deshalb hätten in den vergangenen zweieinhalb Jahren 200 Polizeieinsätze in steirischen Asylheimen stattfinden müssen.

Vor diesem Hintergrund forderte die FPÖ-Steiermark einen Aufnahmestopp von Asylbewerbern, die Verstaatlichung der Flüchtlingsbetreuung, ein Verbot von Asylquartieren im Umkreis von Schulen, Kindergärten und Wohngebieten, die sofortige Abschiebung von straffälligen Asylanten und bei Asylmißbrauch sowie die Reduzierung der Anzahl der Asylbewerber in den Flüchtlingshochburgen (Mürzsteg).

„Das Thema Asyl hat alles überlagert“, sagte Meinungsforscher Peter Hajek nach Angaben des Onlinemagazins nachrichten.at. Die Diskussion um Zeltstädte für Asylbewerber habe „das Thema Nummer eins für die FPÖ befördert“, unterstrich auch der Politikberater Thomas Hofer (H&P Public Affairs). Die Freiheitliche Partei habe es ihm zufolge als einzige Partei geschafft, das Protestpotential sowohl in der Asyl- als auch in der Reformdebatte auszuschöpfen.

Die vergangene Legislaturperiode der steirischen „Reformpartner“ Franz Voves (SPÖ) und Hermann Schützenhofer (ÖVP) trug demnach keine Früchte. Die Vereinfachung der Landesverwaltung und Gemeindezusammenlegungen kam nicht an. Entsprechend büßten die Sozialdemokraten dem vorläufigen Endergebnis inklusive Briefwahl zufolge gegenüber der Wahl 2010 neun Prozentpunkte ein (29,3 Prozent; 15 Mandate), die ÖVP verlor 8,8 Prozentpunkte und kommt auf 28,5 Prozent (14 Mandate). Die stark linkslastigen Grünen machten ein Plus von 1,1 Prozentpunkten (6,7 Prozent; drei Mandate), und die Kommunistische Partei Österreichs kam auf 4,2 Prozent (zwei Mandate). 

Bei der Landtagswahl im Burgenland erzielte die SPÖ 41,9 (minus 6,4 Prozent), die ÖVP 29,1 Prozent (minus 5,5 Prozent). Die Grünen legten auf bescheidene 6,4 Prozent zu und ebenfalls im Landtag vertreten sein wird die „Liste Burgenland“, eine einstige FPÖ-Abspaltung, die 4,8 Prozent für sich verbuchen konnte.