© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 26/15 / 19. Juni 2015

Diskussion über Grenzkontrollen
Mehr Egoismus wagen
Michael Paulwitz

In existentiellen Fragen ist jeder Staat sich selbst der nächste. Während Mittelmeer-Anrainer wie Italien oder Griechenland die offenen europäischen Binnengrenzen derzeit vor allem dafür schätzen, illegale Einwandererströme möglichst rasch in die nördlichen Nachbarländer weiterzuleiten, will Österreich nicht länger „Asylexpreß Europas“ sein und bearbeitet zuerst die Fälle von Asylbewerbern, die nach dem Dublin-Abkommen wieder in die Erstaufnahmeländer zurückgeschickt werden können. Frankreich wiederum zieht die Notbremse und setzt das Schengen-Abkommen zeitweise aus, um seine Grenzen gegen den Ansturm aus Italien abzuriegeln.

Und Deutschland? Nach G7 spricht sich allmählich auch in Politikerkreisen herum, daß nichts über ständige Grenzkontrollen geht, um Kriminalität und illegale Einwanderung wirksam zu bekämpfen. Vor der einzig vernünftigen Konsequenz daraus, der französischen, läßt die Ehrfurcht vor der heiligen EU-Kuh „Freizügigkeit“ zurückschaudern. Hinter der versteckt sich auch die Multikulti-Lobby, die jede Korrektur am Mißbrauch als „antieuropäisch“ diffamiert, weil sie den Mißbrauch als Normalzustand wünscht. Schengen hat den Ernstfalltest nicht bestanden, mehr Egoismus wagen ist das Gebot der Stunde. In Deutschland tut man sich mit dieser Einsicht schwerer als anderswo. Nötiger ist sie dafür um so mehr.