© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 26/15 / 19. Juni 2015

Noichls Nonsens
Gastkommentar: Mit welchem Unfug sich das EU-Parlament offenbar gern beschäftigt
Beatrix von Storch

Neuer Name, altes Thema; nach „Estrella“ und „Tarabella“ kommt nun „Noichl“: Gender-Mainstreaming, Frühsexualisierung und Abtreibung als Menschenrecht und das alles unter dem Deckmantel der „Gleichstellung von Männern und Frauen“. Der sogenannte Noichl-Bericht ist vom EU-Parlament mit großer Mehrheit verabschiedet worden – und er hat es in sich: Der vorerst letzte Vorstoß im EU-Parlament in Sachen Genderismus war der Bericht des belgischen Sozialisten Marc Tarabella, der nun gefolgt wird vom Bericht der deutschen SPD-Abgeordneten Maria Noichl. 

Beide Texte sind gute Beispiele dafür, mit was für einem Unfug sich dieses Parlament gerne auseinandersetzt. Der Tarabella-Bericht postuliert unter anderem, daß eine Frau, die ihre Rolle als Mutter wahrnimmt, ihr „Potential als Mensch“ nicht voll ausschöpfe. Die Spitze des Unfugs schien erreicht. Aber der Noichl-Bericht hat es dennoch geschafft, dies zu toppen. 

Neben den typischen Themen wie Gender-Mainstreaming und Frauenquoten will Frau Noichl die Sexualausbildung von Kindern, Abtreibung als Menschenrecht und den flächendeckenden Kampf gegen „Geschlechterstereotype“. All das findet große Zustimmung im Parlament. Wohlgemerkt: ausdrücklich auch bei den Abgeordneten von CDU und CSU. Angelika Niebler (CSU) betonte dies immer wieder wortreich. Allein weil das Thema Abtreibung nicht in den Zuständigkeitsbereich der EU fällt, stimmten die Unionsabgeordneten gegen das Gesamtpaket „Noichl“. 

Denn der Noichl-Bericht verlangt explizit nach der Anerkennung von Abtreibung als Menschenrecht. Ich persönlich lehne Abtreibung ab, aber selbst wer das anders sieht: Das Recht abzutreiben, zu einem „Menschenrecht“ zu überhöhen, wird nicht nur dem für das Ungeborene tödlichen, sondern auch dem für die Mutter lebenslänglich psychisch schwerwiegenden Eingriff objektiv nicht gerecht.

Zudem lehne ich die in dem Bericht geforderte Frauenquote für Aufsichtsräte, Vorstände und Parlamente strikt ab. Der Bericht regt die EU-Kommission an, „Anreize für die Mitgliedstaaten zu schaffen, eine ausgewogenere Repräsentation von Frauen und Männern in Gemeinde- und Stadträten, regionalen und nationalen Parlamenten sowie im Europäischen Parlament herbeizuführen“. Es ist die Entscheidung der Wähler, wer sie in den Parlamenten vertritt. Alles andere ist antidemokratisch und abstrus. 

Das Parlament hat – Gott sei Dank! – auch keinerlei Befugnis, den Mitgliedstaaten irgendwelche Schulprogramme zu verordnen. Dann muß es sich aber auch jeder Stellungnahme dazu verweigern. Dessen ungeachtet werden Programme zur Sexualerziehung an Schulen empfohlen und auch die Unterrichtsmaterialien an sich kritisiert. So heißt es: „(...) in der Erwägung, daß die Bildungsmaterialien oftmals Stereotype enthalten, (…) die Mädchen und Jungen zugeschrieben werden (…)“.  Konkret bedeutet das die Unzulässigkeit der folgenden Mathematikaufgabe: „Klara hat drei Puppen. Tina hat vier Puppen. Wie viele Puppen haben sie gemeinsam?“ Mädchen mit Puppen zu assoziieren ist in den Augen der Genderisten „geschlechterstereotyper Sexismus“.  

Und wenn Sie das noch nicht wußten, seien Sie hiermit gewarnt: Das EU-Parlament weist mit der Verabschiedung des Noichl-Berichtes noch auf besondere Gesundheitsgefahren hin. Ehe („traditionelle Strukturen“) und Mutterschaft („stereotype Geschlechterrollen“) sind gesundheitsgefährdend. Liest man den gesamten Bericht und erfaßt so den Geist des Papiers, weiß man aber: Nur heterosexuelle Ehen und die Mutterschaft der biologischen Mutter können gemeint sein. Alles andere ist bunt und schön und unbedingt nicht nur zu tolerieren (hinzunehmen), sondern zu akzeptieren (also gutzuheißen). 

Einen wichtigen Punkt allerdings im Noichl-Bericht unterschreibe ich, und das ist der sogenannte „Erwägungsgrund Z“, der feststellt, „daß sich die Bewegungen gegen die Gleichstellung der Geschlechter, mit denen versucht wird, traditionelle Geschlechterrollen zu verfestigen und bisherige Errungenschaften in dem Bereich der Gleichstellung in Frage zu stellen, in einigen Mitgliedstaaten zunehmend verbreiten“. Denn das ist mindestens ein positiver Ausblick: Der Widerstand gegen den Genderismus und seinen Versuch, unser aller Leben zu ändern und uns selbst von Kindesbeinen an zu indoktrinieren und umzuerziehen, wächst; und das ist nicht nur gut, sondern existentiell. Wehren wir uns gegen die Abschaffung der Geschlechter und die Neudefinierung klarer Begriffe. 

Sonst wird eines Tages auch noch Punkt 24 des Berichtes umgesetzt: Das EU-Parlament fordert darin die EU-Kommission auf, sicherzustellen, daß die Mitgliedstaaten die „uneingeschränkte Anerkennung des von einer Person bevorzugten Geschlechtes vor dem Gesetz ermöglichen, einschließlich der Änderung des Vornamens, der Sozialversicherungsnummer und sonstiger geschlechtsspezifischer Indikatoren auf Ausweisdokumenten.“ 

Sonst sitzen Sie eines Tages in einer öffentlichen Frauen-Sauna zwischen lauter Männern, die ihren Vornamen von Paul zu Paula und ihr Geschlecht im Ausweis haben entsprechend abändern lassen. Spätestens da werden Sie dann unweigerlich sehen, was Sie doch wissen. Männer sind Männer, und Frauen sind Frauen. Und sie sind zwar gleich an Rechten, aber sonst doch sehr verschieden.





Beatrix von Storch, AfD, sitzt im EU-Parlament für die Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer unter anderem im Ausschuß für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres. 

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