© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 26/15 / 19. Juni 2015

bzzzzzzz
Fliegen, Mücken, Bremsen: Eine Ausstellung im Museum Wiesbaden widmet sich den kleinen Insekten / Plagegeister und nützliche Helfer
Claus-M. Wolfschlag

Teils winzig kleinen Lebewesen widmet sich aktuell eine naturkundliche Ausstellung des Museums Wiesbaden: den Fliegen, Mücken und Bremsen. Doch durch die schiere Masse der kleinen Insekten sind jene ein ausgesprochen präsentes und für das menschliche Leben relevantes Phänomen. Allein in Deutschland leben 10.000 verschiedene Arten; ein Hektar Wald bringt im Jahr deutlich mehr Kilogramm an Zweiflüglern hervor als an Säugetieren oder Vögeln.

Die vom Museum für Naturkunde Berlin und dem Naturhistorischen Museum von Neuchâtel entwickelte Schau scheut keine Ekelszenen. Doch ist sie dabei darauf bedacht, die für den Menschen positiven und negativen Aspekte der kleinen Plagegeister differenziert herauszuarbeiten. Dabei ist ein nachgebauter Kothaufen noch ein harmloses Exponat. Das nervende Surren von Stubenfliegen und Mücken wird gelegentlich durch die Räume geschallt.

Kurzfilme flimmern auf kleinen Bildschirmen neben aufgebauten Krankenbetten. Sie stellen Ursachen und Wirkungen einiger der gefährlichsten, von Insekten übertragenen Krankheiten vor, die hauptsächlich in Afrika, aber auch in Südostasien, Lateinamerika und Südeuropa ihr Unheil treiben. Stechende Fliegen und Mücken übernehmen Krankheitserreger von infizierten Säugetieren oder Vögeln und verbreiten auf diese Weise beispielsweise Malaria, die Schlafkrankheit oder das Denguefieber. Jährlich erkranken weltweit eine halbe Millionen Menschen an einem Insektenstich schwer oder sterben daran.

Doch auch die nützlichen Aspekte bleiben keinesfalls unerwähnt. Schließlich sind Fliegen die „Müllabfuhr der Natur“. Tote Kleintiere werden von ihnen innerhalb weniger Wochen beseitigt. Ohne die Arbeit der Aasfresser würde die Welt in vermodernden Tierkadavern versinken. Man kann in der Schau Maden bei ihrer Abbautätigkeit beobachten und den Lebenszyklus von Fliegen nachvollziehen.

Und längst hat sich der menschliche Erfindergeist die eifrigen Helfer nutzbar gemacht. So kann man mit der Hilfe von Fliegen Trüffelpilze aufspüren oder sie statt Fischmehl in der industriellen Fischhaltung verfüttern. Die Forensik gewinnt anhand der Insektenbesiedlung von Leichen wichtige Informationen zu Todeszeitpunkt und -umständen möglicher Kriminalitätsopfer. Techniker studieren die halsbrecherischen Flugkünste der Insekten für die Konstruktion zukünftiger Fluggeräte. Die Tau- oder Essigfliege Drosophila melanogaster hat wiederum eine wichtige Rolle in der Medizinforschung als Versuchsobjekt bei der Entschlüsselung von Genanordnungen gespielt.

Im Zusammenhang mit der wissenschaftlichen Untersuchung der Zweiflügler stellt die Ausstellung unter anderem das Leben der bedeutenden Insektenforscher Johann Wilhelm Meigen (1764–1845) und Willi Hennig (1913–1976) ebenso vor wie die zahlreichen historischen Versuche der Menschen, sich der erforschten Plagegeister zu erwehren. Eine Vitrine zeigt Sprays, Insektenschutzstecker, klassische Fliegenfänger, während in einer anderen die präparierten natürlichen Feinde der Zweiflügler präsentiert werden: Vögel, Echsen, Maulwürfe und Fledermäuse.

Zu den beeindruckendsten Teilen der Wiesbadener Ausstellung gehören die teils großformatigen Fotografien. Die Tierfotografen Bernhard Schurian und Markus Gebel haben ihre Kameraobjektive auf das Insekten-Individuum gerichtet und eine eindrucksvolle Werk-reihe zusammengestellt. Diese Großaufnahmen ermöglichen es ihrem Betrachter, auf Augenhöhe in das Antlitz der kleinen, ihn sonst nur umsummenden Wesen zu blicken. Weniger bedrohlich, sondern fast putzig wirken jene mit ihren grün-braun schillernden Facettenaugen, filigranen Beinen und kleinen Härchen.

Neben den Makroaufnahmen können die Besucher aber auch die Vielzahl der unterschiedlichen Fliegenarten am Objekt erfahren. So stehen mehrere Mikroskope mit präparierten Tieren zur freien Verfügung und regen womöglich einige an, in Zukunft die Insektenwelt auch jenseits des Museums genauer unter die Lupe zu nehmen.


Die Ausstellung „bzzzzzzz – Fliegen, Mücken, Bremsen“ ist bis zum 30. August im Museum Wiesbaden, Friedrich-Ebert-Allee 2, täglich außer montags von 10 bis 17 Uhr, Di. und Do. bis 20 Uhr, zu sehen. Tel.: 0611 / 335-21 70

 http://museum-wiesbaden.de