© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 27/15 / 26. Juni 2015

Eidgenossen sorgen sich um die Sicherheit
Schweiz: Forderung nach Stärkung der Armee gegen wachsende Bedrohung in Europa findet Anklang und inspiriert Armeeübung
Stefan Michels

Vor dem Hintergrund der zunehmenden politischen Instabilität in Europa zeigt sich die Schweizerische Volkspartei (SVP) besorgt um die Verteidigungsbereitschaft der Schweizer Armee. Die SVP-Fraktion reichte mehrere Anträge ein, deren Gegenstand die Reaktionsfähigkeit der eidgenössischen Milizarmee auf die „aktuelle Bedrohungslage“ im In- und Ausland ist. 

Die rechtsbürgerliche Partei befürchtet, daß die Streitkräfte angesichts der Vielzahl potentieller Gefahrenquellen nicht mehr in der Lage sein könnten, ihren Auftrag zum Landesschutz angemessen wahrzunehmen.

Zu den namentlich genannten Sicherheitsrisiken gehören der militärische Konflikt in der Ostukraine zwischen pro-russischen Separatisten und der Kiewer Zentralregierung sowie der ungebrochene Menschenzustrom aus den muslimisch geprägten Bürgerkriegsgebieten in Nordafrika und Nahost. „Über die Asylschiene und die illegale Einwanderung können sich Terroristen heute problemlos in unser Land schleusen lassen und sich mehr oder weniger unbehelligt hier aufhalten. Die Politik geht derzeit mit der Sicherheit von Land und Leuten liederlich um und ist nicht bereit, die für die Sicherheit notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen“, beklagt die SVP.

Einer unlängst veröffentlichten Studie der Schweizer Armee zufolge teilt die Schweizer Öffentlichkeit den pessimistischen Blick in die Zukunft. Mehr als die Hälfte der Befragten schätzt die weltpolitische Situation im kommenden Jahrfünft als „düsterer und gespannter“ ein. Drei Viertel sind der Ansicht, daß eine kriegerische Auseinandersetzung auf europäischem Boden nicht auszuschließen sei.

Die Armee erfreut sich im öffentlichen Meinungsbild der Eidgenossen ungebrochener Wertschätzung. Vier von fünf Befragten erachten ihre Existenz als notwendig; unter der jüngsten Alterskohorte ist der Zuspruch sogar auf ein Allzeithoch von 74 Prozent gestiegen. Mehr als die Hälfte der Bürger spricht sich für die Beibehaltung des Milizsystems aus. Zudem plädieren 61 bis 73 Prozent dafür, daß die Ausrüstung und Ausbildung der Armee sich auf der Höhe der Zeit befinden müßten.

Als Reaktion auf die Verschlechterung des Sicherheitsumfelds plant die Schweizer Heeresführung im September ein großangelegtes Manöver. Das Szenario der Volltruppenübung „CONEX 15“: „In einem fiktiven Europa der Zukunft, mit neuen Ländern und Grenzen, herrscht Wirtschaftskrise. Die Folgen wirken sich auch auf die Schweiz aus: Verknappung der Vorräte, Schwarzhandel, kriminelle Organisationen. Große Öl-, Gas- und Getreidevorräte werden zum Ziel von Sabotagen und Plünderungen. Außerdem führen ethnische Spannungen zu größeren Flüchtlingsströmen in die Schweiz.“